Planlose Baukultur: ausgezeichnete Bausünden

Planlose Baukultur: ausgezeichnete Bausünden
Eine originelle Idee: Planlosigkeit und mangelnde Vernunft bei heimischen Bauprojekten mit einem Preis auszuzeichnen.

Der planlos2011-Award wird erstmals bei einer Gala im Gartenbaukino am 10. November verliehen und soll auf die inkompetentesten und "planlosesten" Entscheidungen in der österreichischen Baukultur aufmerksam machen. "Dabei geht es nicht um Architekturkritik, sondern ums Öffentlichmachen von Entscheidungen, die das Entstehen von Architektur erschweren oder unmöglich machen", sagt Matthias Finkentey, Leiter der IG Architektur. Die Interessenvertretung für Österreichs Architekturschaffende feiert heuer ihr 10-Jahres-Jubiläum.

Missglückt

Planlose Baukultur: ausgezeichnete Bausünden

46 Vorschläge wurden im Internet deponiert, u. a. mediale Aufreger wie der missglückte Vorplatz zum Wiener Prater: "Eine Geschichte, die wirklich total in die Hose gegangen ist", so Architekt Michael Anhammer. Kritisiert werden dabei die Vergabe ohne Wettbewerb, die schlechte Planung und die exorbitante Kostenüberschreitung.

Ein Tohuwabohu gibt es auch rund um den geplanten Kindergarten im Stadtpark. Die Jury kürte beim Wettbewerb 2009 keinen Sieger, forderte aber die MA 19 auf, mit den Zweit- und Drittplatzierten zu verhandeln. "Das ist nicht geschehen. Statt dessen wurde ein neuer Wettbewerb - ohne Rücksicht auf das Ergebnis des ersten - ausgeschrieben", so Finkentey. "Fast 100 Architekturbüros haben Entwürfe geliefert und viel Zeit und Material umsonst investiert. Volkswirtschaftlich ist das kompletter Blödsinn."

Umsonst investiert

Wien sei eine Stadt, wo sich sehr viele Leute sehr gut kennen. "Und da ist es nicht immer transparent, wie es zu welchen Entscheidungen kommt." Und "in einer Welt, die immer unsicherer wird, nimmt das Bedürfnis nach Sicherheit zu", sagt Anhammer. Seine Kollegen monieren eine zunehmende Verrechtlichung. In den Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber werden die Texte zur rechtlichen Absicherung immer länger. "Mutiges und Spannendes bleibt auf der Strecke, weil es sich niemand mehr zutraut. Aber irgendwann muss irgendwer ein Risiko eingehen."

Entscheidungen sind zwangsläufig auch mit Fehlern behaftet. Und ein Hauptproblem ist: Wie geht man mit schlechten Entscheidungen um? "Magistratsabteilungen machen aber gar keine Fehler", sagt Finkentey sarkastisch. "Und das ist dann schwierig."

Problematisch

Die Jury aus drei Architekten und fünf Nicht-Architekten - "Normaler Menschenverstand reicht", so Finkentey - nominierten drei Favoriten für den planlos-Preis:
- Der Kindergarten im Wiener Stadtpark für die "mangelnde Wettbewerbskultur und die fehlende Wertschätzung kreativer Leistungen".
- Das Asylzentrum Eberau "steht für den Versuch einer kreativen Umgehung der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes".
- Die Steinhofgründe-Bebauung: "ein Musterbeispiel für städtebauliche Unsensibilität, einen nachlässigen Umgang mit öffentlichem (Kultur-)Gut und fehlender Verfahrenstransparenz".

Der Preis selbst - eine massive Betonplatte - ist rund acht Kilogramm schwer, damit die nominierten Entscheidungsträger, so Finkentey, "den Leidensdruck der anderen spüren".

Info

Am 10. November (19.30 Uhr) im Gartenbaukino,
10-Jahres-Gala der IG Architektur.
Anmeldung unter: redaktion@ig-architektur.at
www.planlos2011.at

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