Gegen den Einheitslook: Bunter Wohnen

Gegen den Einheitslook: Bunter Wohnen
Mit einer weißen Wand gehen Sie auf Nummer sicher. Mit einem bunten Teppich oder einer gemusterten Tapete stellen Sie Ihre Individualität unter Beweis.

Rot leuchtende Hummer, Fabelwesen, geometrische Muster oder Urwald-Impressionen - was darf's denn, bitte, sein? Nicht alles, was einem an optischen Bildern Spaß macht, will man nur beim Blättern in coffee table books zu Gesicht bekommen. Bestimmte Botschaften beleben auch als rhythmische Wiederholungen an Wänden und Fußböden, auf Vorhängen, Bettüberwürfen oder an Möbeln den Geist.

Das Muster, ob gedruckt oder gemalt, ist die archaischste Form von Kunst und Kreativität, seit Jahrtausenden Botschaft des eigenen Lebensstils. "Seit einiger Zeit entwickelt sich in der Architektur und Innenraumgestaltung wieder ein erfreulich offener Umgang mit Ornamenten", schreibt Annette Galinski. In ihrem soeben im DVA Verlag erschienenen Musterbuch setzt sich die Architektin für eine Neubewertung der bunten Wohnraumgestaltung ein.

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Das passt nicht. - Sehe ich mich daran nicht in ein paar Jahren satt? - Am besten, wir streichen die Toilette weiß, das macht den Raum größer. - Derartige Killer-Argumente bekommen Interior-Designer oft zu hören, wenn es um die Verteidigung von neutralen Wänden, Sofabezügen und Teppichfarben geht.

Neutral scheint so etwas wie das Zauberwort für eine gelungene, die kommenden fünf Generationen von Bewohnern überdauernde Einrichtung zu sein. Die beste Wahl ist es selten. Cremefarbenen Wohnlandschaften, so die aktuelle Meinung von Trendsettern, fehlt das Lebendige, das Überraschende und schließlich natürlich auch jede Form von Humor.

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Die Angst vor Farben und Mustern ist allerdings nicht überall gleich. Das Florale und Bunte hat in England eine lange Tradition, Italien ist bekannt für seine klassische, geometrische Mustersprache und Japan liebt seine strenge Grafik.

Aber auch hierzulande setzt man wieder mutige Akzente. "Unsere Kunden können zwischen über 2000 Stoffmustern und fast ebenso vielen Tapetenmustern wählen", sagt Eva Schmerzing-Thonet, Chefin des Einrichtungshauses Viktor Steinwender in Wien.

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Tapetenblume bin ich fein, kehr' wieder ohne Ende, doch statt im Mai'n und Mondenschein, auf jeder der vier Wände. / Du siehst mich nimmerdar genung, so weit du blickst im Stübchen, und folgst du mir per Rösselsprung wirst du verrückt, mein Liebchen. Christian Morgensterns Gedicht entstand zu einer Zeit, in der die geblümte Wand die Wohn-Norm war. Sie galt als praktisch, gemütlich und war selbstgefälliger Ausdruck arrivierter Bürgerlichkeit.

Heute kämpfen Querdenker nicht mehr gegen die Tapetenblume, sondern gegen die weißen Wände der Postmoderne an. Wer Muster bei sich zu Hause willkommen heißt, beweist Mut.

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