Entdecker der Moderne
KURIER: Ihr Unternehmen "Lichterloh" wurde 1990 als Plattform für Designstücke der Dreißigerjahre bis zur Gegenwart gegründet. Was trieb Sie damals dazu an?
Christof Stein: Mitte 1980, als der Jugendstil bei den Kunden sehr beliebt war, wurden viele Möbel, die formal nur annähernd dem Jugendstil entsprachen, einfach schwarz gebeizt. Wir wollten uns etwas überlegen, das die Welt bunter macht.
Warum glaubte man, Möbel dieser Zeit seien unrentabel?
Markus Pernhaupt: Erstens sind die Stückzahlen aus dieser Zeit sehr niedrig. Zweitens waren die Materialien nicht so hochwertig wie etwa in Frankreich. Während die Franzosen Möbel aus Makassar herstellten, hat man hier in der Zwischenkriegszeit Buche verwendet und so bemalt, damit es wie Makassar aussieht. Heute hat das einen gewissen Witz, aber damals fand das niemand lustig. Drittens ist es Österreich nicht gelungen, eine eigene Linie abseits der internationalen Strömungen wie etwa Bauhaus in Deutschland oder Art déco in Frankreich zu finden.
Nun betreiben Sie Ihr Geschäft seit 25 Jahren und haben soeben die Wiener Würfeluhr fürs Handgelenk präsentiert. Ist das Interesse für heimisches Design gestiegen?
Dagmar Moser: Wir wussten damals nicht, dass die Kleiderständer von Roland Rainer in den 50er-Jahren mitentworfen wurden. Das haben wir später recherchiert, weil wir verwundert waren, dass das Inventar der Stadthalle, die ja unter Denkmalschutz steht, verschrottet werden sollte. Auch wenn sich die Wertschätzung verbessert hat: Der Umgang mit der eigenen Moderne war vor Jahren viel schlechter. Durch die Aufarbeitung durch unsere – und auch durch andere Firmen – entstand ein Bewusstsein, dass es auch nach dem Jugendstil spannende Dekaden gegeben hat.
Wie sehr ist Möbeldesign in der Mitte der Gesellschaft angekommen?
Markus Pernhaupt: Leider zu wenig. Ein Beispiel: Wenn der Schweizer ein Stück will, kauft er es zum angebotenen Preis. Bei uns dagegen führt man einen Kopfstand auf, damit man es billiger bekommt. Der Stellenwert hierzulande ist völlig anders. Mit Möbeldesign kann man die Menschen nicht so leicht enthusiasmieren. Da hat es die Kunstvermittlung in all den Jahren viel weiter gebracht.
Wie bewerten Sie die gegenwärtige Situation heimischer Designer?
Christof Stein: Trotz Förderungen, wie zum Beispiel von der Wiener Wirtschaftskammer, scheitert es oft daran, ein Unternehmen zu finden, das die Entwürfe produziert. Aber immerhin wird ein Teil verwirklicht und es ist schön, dass man die Ergebnisse haptisch angreifen kann. Wie etwa auf der Vienna Design Week. Dass dafür plötzlich Geld und Platz ist und dass die Wien Kultur einsteigt, ist ermutigend. Ich entdecke immer öfter Dinge, bei denen ich denke, in zehn bis 15 Jahren könnte das bei Lichterloh stehen.
Markus Pernhaupt: Es müsste auch mehr Firmen wie z. B. Wittmann geben, die den Mut haben einen Stuhl zu machen, unabhängig davon ob er erfolgreich wird oder nicht. Hätten wir in Österreich zehn solche Firmen, würde das den Wettbewerb ankurbeln. Jeder würde schauen, wo er den nächsten guten Entwurf herbekommt.
Ist eine typisch österreichische Formensprache erkennbar?
Markus Pernhaupt: Eine eigene Formensprache wie die Japaner oder Skandinavier haben wir nicht. Da muss noch einiges passieren, um von einer österreichischen Schule wie im 19. Jahrhundert sprechen zu können. In Zeiten der globalen Vernetzung ist es überhaupt die Frage, ob sich nationale Strömungen noch einmal so etablieren können, wie das um 1900 war. Die Quelle der Inspiration hat sich immens vergrößert.
Christof Stein: Eine Gemeinsamkeit gibt es aber: Den Mut, etwas Witziges, Originelles zu machen. In diesem Punkt unterscheiden wir uns von deutschen Entwerfern, wo vieles so ernst und pur ist. Bei uns entsteht guter Humor – nicht in der Linienführung, aber durch die Idee am Objekt selbst.
Wie lautet Ihre Prognose für die Zukunft österreichischen Designs?
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