Das Beisl mit Klo-Konzerten
Das stille Örtchen im Wiener Beisl "Zweitbester" wird laut bespielt. Im Waschraum des WCs finden nämlich regelmäßig Konzerte oder sportliche Events statt. Ungewöhnlich. Und ein Produkt des Zufalls. "Wir starteten mit Mini-Tischtennis-Turnieren, bei denen Hip-Hop-DJs aufgelegt haben und die Gäste im Retro-Tennisoutfit kamen. Das ist so gut angekommen, dass wir begannen, den Vorraum auch für Konzerte zu nutzen. Mittlerweile haben wir sogar eine Orgel am Klo", sagt Stefan Egger. Der gelernte Gastronom ist einer der Gründer des "Zweitbester". Vladimir Petkovic und Chefkoch Stefan Heidl, der nur mit Bio-Produkten kocht, ergänzen das Gespann. Zu dritt haben sie ein Restaurant eröffnet, das Gastronomie mit Kunst und Kultur verbindet.
Die Idee schlummerte schon lange", erzählt Florian Egger, der seine Gastro-Erfahrung im elterlichen Hotel am Arlberg gesammelt hat. "Im vergangenen Jahr habe ich dann gemeinsam mit meinem guten Freund Vladimir die Idee in die Tat umgesetzt. Wir haben Stefan Heidl, der für die Küche zuständig ist, ins Boot geholt und uns auf die Suche nach einem passenden Ort gemacht."
Der war nach drei Monaten gefunden: Eine leer stehende Konditorei an der Ecke Heumühlgasse/Margaretenstraße im vierten Bezirk. Stefan Heidl findet klare Worte, wenn er beschreiben soll, wie es dort ausgesehen hat: "Alles war ranzig, es wurde nicht mal Staub gewischt und in der Küche stank es nach Fritter-Fett." Florian Egger ergänzt: "Die Wände waren vertäfelt, die Decke war zirka einen Meter abgehängt, in den Nischen waren Einbau-Sitzbänke und der Boden war mit Teppich ausgelegt. Es war kleiner, dunkler und düsterer als jetzt."
Das alte Interieur musste raus – das war klar. "Alles, was für uns als Amateure machbar war, haben wir selbst gemacht", erzählt Egger. "Wir demontierten die Holzverkleidungen, entfernten den Teppichboden und legten das Mauerwerk frei. Unter der abgehängten Decke haben wir ein Gewölbe entdeckt – das war eine schöne Überraschung."
Ein langer Tresen als zentraler Kommunikationspunkt
Nach der Entsorgung von Schutt, Holz und Müll, startete die Generalsanierung. Dabei gingen Egger, Petkovic und Heidl schrittweise voran: "Vieles ist im laufenden Prozess entstanden. Gedauert hat der Umbau trotzdem nur vier Monate. Unser größter Wunsch war ein langer Tresen mit integrierter Küche als zentraler Kommunikationspunkt. Wir haben uns im Vorfeld überlegt, wie die Form der Bar aussehen soll und wie die Küche in den Gastraum verlegt werden kann. Einrichten wollten wir im Stil des Industrial-Design", sagt Egger. Es wurde daher nichts beschönigt: Am Boden blieb roher Estrich, Löcher in der Decke wurden verspachtelt und wo die Ziegeln gut erhalten waren, blieben die Wände unverputzt.
Unterstützt wurden sie dabei von driendl*architects, die für die Planung der Theke, dem darüber hängenden Stahlkranz und der Toiletten engagiert wurden. Die Idee, den Waschraum als erweiterten Lokalbereich zu nutzen, begeisterte das Trio: "Vorher gab es vier WCs in einzelnen, verschachtelten Räumen", sagt Florian Egger. Stefan Heidl bringt die Problematik auf den Punkt: "Die Klos waren so klein, dass man nach zwei Minuten zu schwitzen begann, sobald man sich hingesetzt hat." Jetzt ist alles anders: Vier geräumige Kabinen mit schweren Stahltüren sind an einer Wand gereiht. In der Mitte des Vorraums sind lediglich zwei Waschbecken, der Rest ist frei und wird für Events genutzt.
Obwohl die Toilette für Gesprächsstoff sorgt, ist sie nicht das Herzstück. Das ist nämlich der Tresen. Der Vorschlag von driendl*architects, das Möbel aus Beton zu fertigen, passte gut ins Konzept. Ein darüber schwebender Kranz aus zusammengeschweißten Stahlträgern bildet ein Gegengewicht zu dem massiven Sockel. Mit Magneten sind daran Kohlefadenlampen angebracht, die sich drehen lassen und besonders weiches Licht spenden. Hinter dem Tresen dient die Konstruktion als Regal für Spirituosen.
Die Theke aus Sichtbeton ist in vielerlei Hinsicht besonders: "Das Material fühlt sich warm an und beim Abstellen von Flaschen oder Gläsern entsteht ein sanfter Klang", sagt Vladimir Petkovic. "Allerdings ist beim Schleifen so viel Staub entstanden, dass wir unsere eigene Hand vor Augen nicht mehr sahen", erzählt Petkovic. "Zu Beginn haben wir händisch geschliffen." Schmunzelnd ergänzt er: "Glücklicherweise hat uns ein Freund beraten. Hätte er uns nicht gesagt, dass es dafür Geräte gibt, wären wir damit heute noch nicht fertig."
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