"Bei uns wird Architektur zu Pop"

Bei uns wird Architektur zu Pop
Jedes Jahr wird das Alte Hallenbad in Feldkirch anlässlich des „poolbar“-Festivals in ein neues Raumkleid gehüllt. 68 Vorschläge wurden heuer eingereicht – nun stehen die Gewinner fest.
"Bei uns wird Architektur zu Pop"

Nicht nur Bands und DJs, Lichtorgeln und schnalzende Beats versetzen die Vorarlberger alljährlich in Feierlaune: Beim poolbar-Festival in Feldkirch ist die Architektur der eigentliche Star. Neben Konzerten, Filmen, Kabarett, Poetry Slams, Modeperformances und Diskussionen richten sich die Bühnenlichter vor allem auf die Raumgestaltung und das Mobiliar. Innen und Außenbereich werden jeden Sommer komplett neu gestaltet. Nach wessen Plänen das geschieht, wird über einen international ausgeschriebenen Architekturwettbewerb ermittelt. 68 Ideen – die meisten aus Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Österreich – gab es in diesem Jahr zum Thema "1:Holz".

Das Inventar wird temporär aufgebaut

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Temporär, und zwar nur für die Dauer des Festivals, wird das Inventar aufgebaut. "Die Poolbar versucht, sich durch Architektur von der Masse abzuheben", sagt Herwig Bauer. Er ist der Initiator des Musik-Events, das 1994 aus einer Workshop-Reihe für Grafik, Architektur und Theater entstanden ist. Ein Jahr später mieteten sie sich im Alten Hallenbad in Feldkirch ein. Aufgrund der desolaten Infrastruktur wurden Architekten beauftragt, ein Raumkonzept für das Festival zu gestalten. Nach der Sanierung im Jahr 2000 war zwar ein zweckmäßiger Raum vorhanden, aber es herrschte Plattenbau-Atmosphäre. "Neonröhren und schlechte Akustik machten die Location ungemütlich. Wir waren gezwungen, dem Raum Charme und Behaglichkeit zu verleihen", so Bauer, der selbst Architektur studierte und Mitglied der Jury ist. "Das Ganze hat sich zu einem Selbstläufer entwickelt. Wir wollen nicht immer dasselbe aufbauen, sondern beginnen jedes Jahr bei null. Wie bei der Musik möchten wir auch bei der Architektur Neues bieten", sagt Bauer.

Die Wiener Pratersauna ist der derzeit angesagteste Club

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Das bewährt sich bis heute: "Die Besucher kommen nicht nur, um lustige Nächte zu verbringen, sondern um zu sehen, wie sich die Location verändert hat. Ist die Architektur gut, bleiben die Gäste länger. Ist sie schlecht, gehen sie früher nach Hause", so Bauer.

Wie die Einreichungen kommen auch die Besucher aus verschiedenen Ländern: Aus Österreich, Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz pilgern rund 20.000 Personen zwischen Juli und August nach Feldkirch. Und seit drei Jahren auch zum Ableger in den Osten. Unter dem Namen "poolbar mit pratersauna" geigen Musiker und DJs drei Tage lang in der Wiener Pratersauna, einem der derzeit angesagtesten heimischen Clubs, auf. Zum ersten Mal fand heuer ein Preisausschreiben auch in der Hauptstadt statt. "Die Kooperation besteht seit 2009. Nun ist die Zeit reif, den Bewerb auch in Wien auszutragen", sagt Bauer. Während in Feldkirch das gesamte Gelände inklusive Innenräumen zu gestalten war, hat sich die Aufgabe in der "Sauna" auf den Garten beschränkt.

"Bei uns wird Architektur zu Pop"

Als Persiflage auf die Vorarlberger "Hüslibauer-Mentalität" sind die gelben Hütten des Feldkircher Siegerprojekts „Gimme Shelter!“ zu sehen. Derzufolge ist es das größte Glück des Vorarlbergers, sich ein eigenes Haus zu bauen. Der Entwurf stammt vom Berliner Büro reset und überzeugt mit Offenheit und Flexibilität. Drinnen dienen die Häuschen als Bar und DJ-Kanzel, als Sitznischen oder Umkleidekabine im Modeshop. „Durch die Verwendung von Schalungsplatten ist es auf eine radikale Industrieästhetik zurückgeführt. Das gelbe Holz verändert die farbliche Wahrnehmung und die Lichtsituation“, sagt Bauer.

Im Freien wird eine kleine Arena aufgebaut: Die Dächer der Lagercontainer werden zur Terrasse, von der eine Treppe zum Vorplatz des Hallenbades führt. In Hochbeeten entlang des Zugangs soll Gemüse wachsen – mit der Ernte will man die Gäste verköstigen. Der Entwurf war ein Grundgerüst. Bauer: „Die Pläne waren nicht fix fertig. Wir haben die Idee an unsere Bedürfnisse angepasst und die Gemüsebeete sowie die Terrasse auf dem Dach der Container ergänzt.“

Ein hölzerner Riese mit Kultstatus

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Als Skulptur erscheint der Pratersaurus in der Hauptstadt auf den ersten Blick. Dass sich darin ein DJ-Pult, eine Bar und Sitzgelegenheiten verbergen, erkennt man erst auf den zweiten Blick. Das Siegerprojekt stammt von Lisa Höck, Studentin der Universität für angewandte Kunst in Wien. Bauer: „Wir haben uns sofort in die Idee verliebt. Es ist ein perfekter Kontrast zu dem Projekt in Feldkirch und obwohl es komplex aussieht, ist es wunderbar einfach.“ Wie bei einem Stecksatz wird das Skelett aus Einzelteilen zusammengebaut. „Der Pratersaurus ist eine Bereicherung für das Gelände und der Blickfang schlechthin“, so Bauer. „Er funktioniert wie eine dreidimensionale Lichtorgel: Das Konstrukt kann optisch vielfältig inszeniert werden und bizarre Schatten erzeugen.“ Zur Eröffnung des „poolbar mit pratersauna“- Festivals am 10. Mai soll der Saurier fertig sein. Der hölzerne Riese hat Potenzial, Kultstatus zu erlangen. Er wird das Festival überdauern und soll mindestens zwei Jahre im Garten der Pratersauna stehen. In Vorarlberg aber werden die „Hüsli“ nach sechs Wochen wieder demontiert. Ein Aufwand, der sich lohnt. Durch jährlich wechselnde Projekte in Verbindung mit Kunst, Theater und Musik wird jungen Menschen Architektur schmackhaft gemacht. „Die Besucher kommen, um zu sehen, was sich verändert hat“, sagt Bauer. „Bei uns wird Architektur zu Pop. Wer zum Festival kommt, soll sagen: Wow, da will ich nie mehr wieder weg. Und wenn doch, dann muss ich wieder hin.“

Nachwuchsförderung

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Der 19. poolbar Architekturwettbewerb wurde in Kooperation mit Tortenwerkstatt.net und vai (vorarlberger architektur institut) zum Thema "1:Holz" ausgeschrieben. Um junge Designer und Architekten anzusprechen, wurde eine Campus-Tour mit Live-Band durch Österreich absolviert, die mit 68 Einreichungen für einen Teilnehmerrekord sorgte. Die Preisgelder stiften die Wirtschaftskammern, Lehrlinge aus Vorarlberger und Wiener Betrieben setzen die Siegerprojekte um.

„Je Besser die Architektur, desto respektvoller gehen die Gäste damit um“

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Festival-Organisator und Jury-Mitglied Herwig Bauer über die Wertschätzung guter Baukunst

IMMO: Fast zwei Jahrzehnte lang bewerten Sie Ideen, Entwürfe und Pläne. Was zeichnet gute Architektur aus?

Bauer: Gute Architektur hat mit Innovation und Blickfang-Qualität zu tun. Aber auch mit Komfort – ohne den funktioniert die poolbar nicht. Auch die Konzert- und Raumakustik müssen berücksichtigt werden. Je liebevoller und besser die Architektur ist, desto respektvoller gehen die Gäste damit um. Egal wie betrunken die Leute sind, randaliert wird selten.

Ändern sich die Ansprüche an die Projekte?

Sie sind gestiegen. Im Vorjahr etwa gab es keinen Gewinner, weil wir keine Steigerung zum Jahr zuvor sehen konnten. 2011 wurde der Raum daher nur mit Lichtinstallationen gestaltet.

Warum ist Holz dieses Jahr das Thema?

Wir haben aus dem Vorjahr gelernt, dass es keinen Sinn hat, philosophisch abstrakte Themen vorzugeben. Die Ergebnisse sind künstlich kreiert und nicht greifbar – obwohl es eine geradlinige Aufgabe zu erfüllen gab. Um das Thema greifbar zu machen , haben wir uns für Holz entschieden. Damit kann jeder etwas anfangen.

Publikumspreis: Stimmen Sie für Ihr Lieblingsprojekt

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Die Jury hat ihre Sieger bereits prämiert. Sie können Ihre Stimme noch abgeben. Damit die anderen 66 Projekte nicht in der Schublade verschwinden, wird ein Publikumspreis vergeben. Auf der Webseite www.poolbar.at können Sie für Ihren Favoriten voten. Bis 9. Mai ist die Stimmabgabe für die Projekte für Wien möglich, für Feldkirch bis 5. Juli. Die Gewinner erhalten einen Anerkennungspreis.

Poolbar Mit Pratersauna: Die Termine für den Festival-Kalender 2012

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Das 1994 gegründete poolbar-Festival im "Alten Hallenbad" in Feldkirch ist ein jährlich stattfindendes Sommerfestival für Musik und Kultur. Seit einigen Jahren gibt es einen Ableger in der Wiener Pratersauna.

poolbar mit pratersauna findet von 10.–12. Mai 2012 in der Pratersauna in Wien statt: Headliner ist A-Trak, der mit " Barbra Streisand" 2010 einen Hit landete. Weiters werden die Round Table Knights, Drums of Death und Fiva & Das Phantom Orchester das Partyvolk zum Tanzen bringen.

19. poolbar-Festival in Vorarlberg dauert heuer von 6. Juli bis 19. August: Mit Yann Tiersen, The Whitest Boy Alive, Marilyn Manson, Gogol Bordello, Regina Spektor, Tindersticks, DJ Hell, Cro, Yellowcard, WhoMadeWho u.v.a.

Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen, alle Infos unter www.poolbar.at

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