Ausgezeichnet: Steirische Architektur aus Holz
Latten und Schindeln, Bretter und Pfosten, naturbelassen oder behandelt: Holz kann beim Hausbau in vielen Formen eingesetzt werden. Den Beweis dazu liefert der "Steirische Holzbaupreis", der alle zwei Jahre verliehen wird. 2011 wurden 120 Projekte in sechs Kategorien eingereicht. Die Jury, bestehend aus Architekten und Universitätsprofessoren, hat unter dem Vorsitz von Irmgard Frank neun Preisträger ermittelt. Einfamilienhäuser, Schulen, Kindergärten, Kultur- und Veranstaltungshallen, ein Rinderstall, ein Festivalzentrum oder ein Seniorenheim - sie alle heben sich durch ihre Architektur positiv hervor und zeichnen sich durch handwerkliche Verarbeitung und den nachhaltigen, verantwortungsvollen Einsatz von Holz aus.
Kategorie "Private Umbauten"
Eine "Denkzelle" konnte etwa in der Kategorie "Private Bauten" überzeugen: Der Wohnraum, 42 Quadratmeter groß, wurde einem Kellerstöckl in Sausal bei Pistorf aufgesetzt. Er vereint Wohnen, Schlafen, Essen und Kochen. Lediglich das Badezimmer ist abgetrennt, der Rest ist offen. Der Bauherr, ein Grafikdesigner aus New York, bewohnt diesen während seiner Besuche in der Steiermark. "Aufgrund von Bestimmungen zum Landschaftsschutz gab es strenge Auflagen, wie die Dachneigung und die Fassade auszusehen haben", erklärt Marion Wicher vom Büro YES architecture. Die Idee ist angelehnt an typisch südsteirische Maisstriezeltrockner. In den mit Holzlamellen verkleideten Scheunen werden die Kolben zum Trocknen aufgehängt. "Dem historischen Konzept entsprechend haben auch wir uns für Holz entschieden und die traditionelle Bauform aufgegriffen", erklärt die Planerin. Dem Zubau wurde eine Fassade und ein Giebeldach aus Lärche verpasst.
Obwohl Elemente der bäuerlichen Architektur aufgegriffen wurden, hebt sich dieses Projekt von der klassischen Hausform ab. Die traditionelle Trennung zwischen Baukörper und Dach ist nicht sichtbar, Decke und Raum wirken wie aus einem Guss. "Die gesamte Fassade wurde mit Holzlatten überzogen - nicht nur die Wände, auch das Dach." Die Eingangstüre und das Badezimmerfenster sind ebenfalls mit Latten überzogen und somit von außen kaum sichtbar. Für Abwechslung sorgt die große Glasfassade, die sich Richtung Norden öffnet und einen großzügigen Ausblick auf den Wald freigibt.
Kategorie "Öffentliche Bauten/Schulen und Kindergärten"
Ein ehemaliges Sanatorium aus dem Jahr 1885 und die Lage am Hang inmitten der Grünoase - das waren die Rahmenbedingungen beim Neubau der Kinderkrippe in der Grazer Schönbrunngasse. Entstanden ist ein schlichter, kompakter Bau, der durch die Position am Rand des Grundstücks Spielraum für die Kinder und die Natur lässt. Aufgrund der Hanglage haben die Planer vom Architekturbüro Strobl den Bau auf zwei Ebenen konzipiert. Die Unterkonstruktion bilden großformatige Platten aus Brettsperrholz (siehe Interview). Das Erdgeschoß ist weitgehend verglast, während das obere Stockwerk mit Holzlamellen verkleidet ist. Unter einem schwarz ausgekleideten Einschnitt betritt man das Gebäude und wird in einem hellen, freundlich gestalteten Foyer in Empfang genommen.
Für die Gestaltung der Innenräume haben die Architekten zwei Holzsorten gewählt: Fichte verkleidet Decken und Wände und sorgt für eine angenehme Akustik. Für die Böden und die Einrichtung wurde Ahorn verwendet, in den Gangbereichen dient Naturkautschuk als Bodenbelag. Zur leichteren Orientierung sind die Gruppenräume in unterschiedlichen Farben gehalten, die sich von der Garderobe über die Möbel bis hin zu den Wandscheiben im Außenraum durchziehen.
Kategorie "Landwirtschaftliche Bauten"
Komfort für Tier und Mensch - so lautete das Credo beim Bau eines Kuhstalls in Mitterdorf an der Raab. Das Projekt von Familie Grubbauer wurde in der Kategorie "Landwirtschaftliche Bauten" ausgezeichnet. Die Eigentümer hatten drei Ziele vor Augen: höchste Tierhaltungsstandards, unkomplizierte Betreuung und effiziente Nutzung. Vieles an diesem Bau wurde in Eigenregie und aus eigenem Holz realisiert. Entstanden ist eine Unterkunft, die in ihrer Form der Funktion folgt: Liegeboxen für die Tiere, ein Laufgang und ein Futtertisch sind untergebracht. Die Halle kommt ohne große Spannweiten aus und wurde mit einer einfachen Stützen-Konstruktion gelöst.
Kategorie "Öffentliche Bauten/Wohnbau"
Ein Pflegeheim für betagte Menschen in St. Lambrecht wurde um einen zweigeschoßigen Zubau in Holzbauweise erweitert. Der neue Teil dockt an den Altbau, das Teichhaus, an und beherbergt 40 Pflegebetten. Der Altbestand wurde bei laufendem Betrieb renoviert und an hygienische, brandschutztechnische und pflegerische Standards angepasst. Für den Neubau wurde Holz nicht nur als tragendes Element, sondern auch zur Gestaltung eingesetzt. Es findet sich in der Fassade wie auch in den Innenräumen an Wänden und Decken wieder. Die Zimmer öffnen sich nach außen zur Landschaft, während in der Mitte des Baus ein Atrium liegt. Es wird als Terrasse genutzt und bringt gleichzeitig Licht in die Gänge und Aufenthaltsräume.
Ob im Wohnbau, in der Landwirtschaft oder im öffentlichen Bereich: Holz wird vielen Zwecken gerecht. In puncto Stabilität und Leistungsfähigkeit kann es anderen Baumaterialen längst das Wasser reichen. Neue Techniken, wie etwa der großflächige Einsatz des Materials, sorgen für mehr gestalterische Freiheit. Man darf Holz also ruhig mehr zutrauen als Latten und Schindeln.
www.holzbaupreis-stmk.at
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