Álvaro Siza Vieira zeigt Zeichentricks
Es gibt fast nichts, das der portugiesische Stararchitekt noch nicht gemacht hat. Schwimmbäder, Parkanlagen, Einkaufszentren und Schulen. Universitäten, Bibliotheken, Kindergärten. Möbel, Einfamilienhäuser, große Wohnanlagen und ganze Stadtviertel. Von ihm stammt das Museum Moderner Kunst im spanischen Santiago di Compostela, das Labor- und Bürogebäude des Pharmakonzerns Novartis im schweizerischen Basel und das Architekturmuseum Hombroich in Deutschland. Für Letzteres wurde die Ausstellung "Álvaro Siza: Von der Linie zum Raum" konzipiert. In adaptierter Form ist die Schau nun im aut. architektur und tirol in Innsbruck zu sehen. Sie präsentiert zehn aktuelle Bauten und Projekte des Architekten.
Annähernd so lang wie die Liste der realisierten Bauwerke, ist die seiner Auszeichnungen. Es gibt fast keinen Preis, den Siza nicht erhalten hat. Er trägt die höchsten Titel der Branche und ist unter anderem Gewinner des Mies-van-der-Rohe-Preises, des japanischen Praemium Imperiale und des Pritzker-Preises, jener Auszeichnung, die in der Welt der Architekten als ein Äquivalent zum Nobelpreis gilt. Außerdem wird er am 29. August den Goldenen Löwen der Architektur-Biennale Venedig erhalten. Der Preis würdigt sein Lebenswerk.
Vom Teehaus von Boa Nova zum Wiederaufbau des Chiado-Viertels
Der aus Matosinhos bei Porto stammende Architekt realisierte seit Beginn der 1950er-Jahre zahllose Bauwerke. Bereits im Alter von 21 Jahren hatte er seine ersten Gebäude entworfen. Zu Beginn hauptsächlich in Portugal. Dort zählen unter anderem das Teehaus von Boa Nova und die in der Nähe gelegene, nahtlos in die Felsenlandschaft eingebettete, Poolanlage in Leca de Palmeira zu seinen frühen Hauptwerken.
Später sorgte er mit seinen modernen Bauten auch in Asien und in Amerika für Aufsehen – und in ganz Europa. Seine Häuser und Komplexe stehen etwa in Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland und in den Niederlanden.
Sein Meisterwerk ist der Wiederaufbau des Chiado-Viertels in der Altstadt von Lissabon. Der Stadtteil war 1988 bei einem Großfeuer weitgehend zerstört worden. Er errichtete die neuen Gebäude auf den Originalfundamenten und versuchte, den ursprünglichen Charakter der Außenfassaden aus dem 18. Jahrhundert zu erhalten – sogar die schmiedeeisernen Gitter und die Fensterrahmen hat Siza originalgetreu nachgebaut. Dahinter entstanden jedoch moderne Gebäude mit allem Komfort. 1992 wurde ihm dafür der Pritzker-Preis verliehen.
"Siza Pavillon"
Der "Siza Pavillon" der Stiftung Insel Hombroich in Deutschland wurde 2010 nach fast 15 Jahren Entwicklungszeit fertiggestellt. Wie viele seiner Bauwerke fügt sich auch dieser Bau nahtlos in die Landschaft ein. Von Weitem ist nur das Dach zu sehen. Wie die anderen Gebäude auf dem Gelände ist es mit Ziegeln aus Abbruchhäusern gemauert. Ein Weg zwischen Wällen hindurch führt zum Eingang des Architekturmuseums.
Einfachheit und Geschlossenheit strahlt das Museum von außen aus. Im Inneren entpuppt es sich überraschend vielfältig. Die Räume gruppieren sich U-förmig um einen Innenhof.
Zwei einander gegenüberliegende Panoramafenster gewähren vom Hauptraum aus einen weiten Blick in die Landschaft und lassen das Gebäude an dieser Stelle nahezu transparent erscheinen.
Beleuchtung spielt in Alvaro Sizas Arbeiten eine besondere Rolle. Er beherrscht die Inszenierung von Licht und Schatten und schafft Räume mit außergewöhnlicher Spannung und Atmosphäre.
Der "Anyang Pavillon" , den er 2005 in Südkorea errichtete, zeugt ebenfalls von dieser Kunst. Das Kulturzentrum befindet sich am Eingang eines Parks, der von Gebirge umgeben ist. Zur Gänze in grauem Beton ausgeführt, wirkt der Baukörper, als wachse er aus dem Felsen heraus. Während das Gebäude von außen einen monolithischen Eindruck erweckt, gibt es im Inneren unterschiedliche Perspektiven, Wege und Balkone.
Die Kirche Santa Maria ist eine weitere Lösung, die sich der Umgebung im portugiesischen Marco de Canavezes anpasst. Die Innenräume folgen einer durchdachten Lichtregie. Der Sakralbau ist auf drei zweistöckige Gebäude aufgeteilt. Die inneren Ecken des Altarraums wölben sich rund nach außen. Das Kirchenschiff wird durch drei Öffnungen in der Decke, einem horizontalen Seitenfenster und einem Lichtschacht hinter dem Altar beleuchtet.
Berühmt ist Álvaro Siza nicht nur für seinen sensiblen Umgang mit Licht, mit dem er beeindruckende Raumerlebnisse schafft. Sein wichtigstes Werkzeug ist die Skizze – und die zeichnet er von Hand. Mit dem Stift entwirft er auf Papier die Grundlagen seiner komplexen Räume. Neben Skizzen dienen ihm Modelle zur Weiterentwicklung der Projekte. In einem Interview mit dem Planer und Autor Rudolf Finsterwalder im Jahr 2011 sagte er: "Ich selbst kann einen Computer nicht bedienen, aber in meinem Büro arbeiten alle mit einem Rechner."
Ávaro Siza: Von der Linie zum Raum
Dieser speziellen Arbeitsweise widmet sich die Ausstellung, die noch bis 22. September in Tirol zu sehen ist. Modelle und Skizzen liefern einen Blick auf den Entstehungsprozess seiner Bauten. Zehn aktuelle Beispiele aus dem Kulturbereich – darunter der erwähnte Anyang-Pavillon in Süd-Korea und die Kirche Santa Maria in Portugal – veranschaulichen, wie der 79-Jährige seine preisgekrönten Projekte entwickelt – vom Bleistiftstrich zum Spatenstich.
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