Vom Investmentbanker zum Möbeldesigner

Vom Investmentbanker zum Möbeldesigner
Alain Gilles vertraute seiner inneren Stimme und wagte einen Jobwechsel. IMMO sprach mit dem Belgier über seinen Werdegang.

Erst mit 32 Jahren war ihm klar, dass er Designer werden will. Also studierte er noch einmal, gründete ein eigenes Studio und begann, für internationale Hersteller Möbel zu entwerfen. 2012 wurde Alain Gilles Belgiens „Designer des Jahres“. IMMO traf ihn zum Interview.

Sie haben Ihre Liebe zum Design spät entdeckt. Wie kam es dazu?

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Ich komme aus einer Familie in der klassische Berufe mit gesichertem Einkommen wichtig sind, und habe darum Politik und Management studiert. Mein Vater sagte: Damit bist du auf der sicheren Seite. Im Grunde wollte ich jedoch schon immer kreativ sein – aber wenn es darum ging, sagte meine Mutter: Mach das doch als Hobby.

Was gab dann den Ausschlag, Ihren Job in der Finanzwelt aufzugeben?

Im Grunde meine Frau. Ich war in meinem Job nicht glücklich und der Wunsch, etwas mit den Händen zu machen, wurde immer größer. Abend für Abend lag ich ihr damit in den Ohren – bis sie eines Tages sagte: Du bist 32, wenn du etwas ändern willst, dann jetzt. Also habe ich gekündigt und begann Industrial Design zu studieren.

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Wie ist es nach dem Designstudium weitergegangen?

Ich habe für verschiedene Büros, etwa für Quinze & Milan, als Designer und Projektleiter gearbeitet. Im Jahr 2007 habe ich mich selbstständig gemacht und ein eigenes Studio gegründet.

Was war Ihr erster eigener Entwurf, der in Produktion ging?

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Die Couchtischserie „Tectonic Tables“ für Bonaldo im Jahr 2008: Die Stücke kombinieren Geometrie, Bewegung und Architektur und können immer wieder neu arrangiert werden. Ich bezeichne das als „Simplexity“: Ihre Form ist einfach und doch so komplex, um eine Geschichte zu erzählen und interessant zu bleiben.

Und wie kam die Zusammenarbeit mit Bonaldo zustande?

Ich habe die Unterlagen einfach an die allgemeine eMail-Adresse geschickt. Zwei Monate vor der internationalen Möbelmesse iSalone in Mailand haben sie geantwortet, dass sie die Tische produzieren möchten – und zwar ohne je die Prototypen gesehen zu haben. Die Serie wurde zu einem Bestseller. Daraufhin habe ich den „Big Table“ entworfen und in diesem Jahr das „Contrast Bed“.

Sie haben auch Büromöbel aus recycelbarem Filz für die Firma Buzzispace entworfen – welche Rolle spielt Nachhaltigkeit?

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Recycling spielt eine Rolle, aber ich würde lügen, wenn ich sage, dass es meine erste Priorität ist. Ich will gutes Design schaffen und dabei so wenige Rohstoffe wie möglich verbrauchen. Das muss nicht unbedingt recyceltes Material sein. Wenn etwas schön ist, wird es gerne an andere Generationen weitergegeben. Auch das ist nachhaltig.
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Alain Gilles wurde 1970 in Brüssel geboren. Er studierte Politik und Management und arbeitete fünf Jahre bei J.P. Morgan/Euroclear. Mit der Unterstützung seiner Frau gelang es ihm, seinen wahren Berufswunsch zu verwirklichen. Er studierte Industriedesign in Frankreich und begann für Quinze & Milan oder Xavier Lust zu arbeiten. 2007 gründete er sein eigenes Studio, seither ist er für internationale Hersteller wie Bonaldo, Casamania oder Buzzispace tätig. Im vergangenen Jahr wurde er zu Belgiens „Designer des Jahres“ gekürt. www.alaingilles.com

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