Zähneputzen: Zu viele Empfehlungen

Richtig putzen.
Studie:Die Techniken widersprechen zum Teil Lehrbuchmeinungen. Wichtig ist eine systematische Reinigung.

Mindestens zwei Mal täglich, sanft und vor allem gründlich – man sollte meinen, bei so etwas Alltäglichem wie Zähneputzen ist längst alles erforscht. Britische Zahnärzte und Epidemiologen orteten indes in einer Studie mehr Verwirrung als Klarheit. In den europäischen Ländern gibt es so viele verschiedene Putzempfehlungen, dass keine als überlegen herausragt. Ebenso fanden sich nur wenige wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit der einzelnen Methoden.

Die Forscher hatten in zehn Ländern analysiert, welche Techniken von Fachorganisationen, in Lehrbüchern und von Zahnpflegeprodukte-Herstellern empfohlen wurden. Ihre Studie wurde im British Dental Journal veröffentlicht. Als besonders irritierend empfanden die Autoren John Wainwright und Aubrey Sheiham, "dass die Empfehlungen von zahnmedizinischen Fachverbänden manchmal dem widersprachen, was als beste Putzmethode in den Lehrbüchern geraten wurde". Es sei auch nicht gesichert, dass kompliziertere Techniken mehr Erfolg bringen.

Zähneputzen: Zu viele Empfehlungen
Bildnummer: 48583283
Unbestritten ist die Wichtigkeit regelmäßigen Zähneputzens, um Bakterien, Plaque (Zahnbelag, Anm.) und damit Karies zu verhindern. "Jeder ist im Grunde bereit, seine Zähne gründlich zu reinigen. Man muss auch nicht nach jeder Mahlzeit ‚schrubben‘. Ein Mal in 24 Stunden sollte eine komplette Plaque-Entfernung stattfinden, idealerweise abends", sagt Andreas Fuchs-Martschitz, Zahnarzt in Kitzbühel.

Praktikabel

Wichtig sei auch die Reinigung der Zahnzwischenräume (siehe Zusatzartikel). Der Vizepräsident der Gesellschaft für Parodontologie glaubt nicht, dass die Unterschiede bei den Putzmethoden extrem dramatisch sind. "Man braucht auf jeden Fall eine praktikable Methode, mit der der Durchschnittsbürger durchkommt."

Für ihn ist das die sogenannte BASS-Technik. Dabei wird die Bürste mit feinen, vibrierenden Rüttel-Bewegungen im Bereich von Zahnfleisch und Zähnen bewegt. Ähnlich argumentiert der Londoner Studienautor John Wainwright. "Ich rate meinen Patienten, sich bei der Zahnpflege dort zu konzentrieren, wo sich Plaques am wahrscheinlichsten bilden – das sind die Kauflächen und der Übergang vom Zahn zum Zahnfleisch."

Wichtig ist eine konsequente Reinigung – und eine Technik zu erlernen. Wie beim Sport, betont Fuchs-Martschitz. "In beiden Bereichen lernt man Techniken erst, wenn sie einem beigebracht werden." Nur mit optimaler Plaque-Entfernung habe auch das lange vernachlässigte Thema Prophylaxe wirklichen Nutzen. "Hier bewegt sich in Österreich erst seit 15 Jahren einiges. Die Kombination aus täglichem Zähneputzen mit halbjährlicher, professioneller Reinigung (Mundhygiene, Anm.) ist heute unbestritten."

Beim Zähneputzen selbst empfiehlt Fuchs-Martschitz immer "fast streichelnde" Bewegungen in einem Winkel von 45 Grad. Die meisten führen aber gerade diese Bewegungen zu groß aus – das könne Zähne und Zahnfleisch schädigen. Vermieden werden sollte zu festes Andrücken. Studienautor Wainwright hat dagegen einenTipp: "Um zu festes Bürsten zu verhindern, halten Sie die Bürste wie einen Bleistift (zwischen Daumen- und Zeigefinger, Anm.) und nicht in der Faust."

„Karies entsteht bei Erwachsenen fast immer in den Zahnzwischenräumen, das ist der heikelste Bereich. Deshalb ist deren Reinigung neben dem Zähneputzen ganz wesentlich“, sagt Zahnarzt Andreas Fuchs-Martschitz. Logisch, dass man diese Bereiche – immerhin 30 Prozent der Zahnoberfläche – reinigen muss.
Doch dort, wo die Zahnbürste meist nicht hinkommt, siedeln sich gerne Bakterien an. „An der Verwendung von Zahnseide führt heute kein Weg mehr vorbei. Je älter man wird, desto größer werden auch die Zahnzwischenräume.“
Dennoch gibt es immer wieder Zweifel am Nutzen von Zahnseide. Kürzlich stellte die unabhängige „Cochrane Collaboration“ in einer Vergleichsstudie keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch von Zahnseide und einer Reduktion von Karies und Zahnfleischproblemen fest. Die Forscher hatten alle verfügbaren Studien aus den vergangenen Jahren verglichen. Experten widersprechen: Sie sehen in ihrer Praxis durchaus positive direkte Zusammenhänge von Zahnseidegebrauch und Zahngesundheit.
Welche Art von Zahnseide man verwendet, ist für Zahnarzt Andreas FuchsMartschitz nicht so wichtig wie die richtige Handhabung. „Es ist gar nicht so einfach. Es geht um ein kontrolliertes Einführen der Zahnseide in die Zwischenräume, um die Kontaktfläche unter Druck zu reinigen und ohne das Zahnfleisch dabei zu verletzen.“ Eine Anleitung, etwa durch eine Prophylaxe-Assistentin beim Zahnarzt, sei empfehlenswert. „Das hebt die Motivation der Patienten und schafft mit der Zeit ein Bewusstsein für die eigenen Zähne und die Mundgesundheit.“

Zähneputzen: Zu viele Empfehlungen

Kommentare