Suche nach Leonardo da Vincis DNA
Legenden und Leonardo da Vinci gehören untrennbar zusammen. Eine ist, dass er am 2. Mai 1519 im Château d’Amboise im Loire-Tal in den Armen des französischen Königs Franz I. verstarb. Danach wurde er in der dortigen Kapelle bestattet. Seine vorletzte Ruhe endete 1802, als die Kapelle abgerissen, einige der Gräber zerstört und die Knochen verstreut wurden. 1863 kamen Zweifel auf, als bei Grabungen ein Steinsarg gefunden wurde, der ein Skelett mit einem großen Schädel enthielt – groß genug, um ein außergewöhnliches Gehirn zu enthalten. Außerdem wurde in der Nähe eine Platte mit der Aufschrift "Leo dus Vinc" entdeckt.
Hier setzt das neue Leonardo-Projekt an: Eine internationale, interdisziplinäre Wissenschafter-Gruppe begibt sich auf die Suche nach der DNA des Renaissance-Universalgenies. Das Team besteht aus Ethnologen, Kunsthistorikern, Genealogen und Mikrobiologen aus Frankreich, Italien, Spanien, Kanada und den USA. Ziel ist es, bis 2019 – wenn sich Leonardos Todestag zum 500. Mal jährt – dem Genius sämtliche Geheimnisse zu entlocken. Das soll mithilfe seiner Gemälde, Notizbücher und Zeichnungen geschehen. Die Forscher hoffen, dass Leonardo auf seinen Arbeiten Fingerabdrücke, Hautschuppen und sogar Haare hinterlassen hat. Und weil hinter dem Vorhaben niemand Geringerer als der Gen-Forschungspionier Craig Venter steht, hat er in seinem Institut in Kalifornien ein Verfahren entwickelt, mit dem man genetisches Material aus uralten Bildern extrahieren und sequenzieren kann. Daran herrscht im Falle des alten Leo kein Mangel. Aber auch sonstige Hinterlassenschaften sind mannigfaltig.
Zur Person
Dass er der Welt meistgenanntes Universalgenie wurde, ist dem lockeren Lebenswandel seiner Eltern zu verdanken. Als uneheliches Kind des Florentiner Notars Ser Piero und der Bäuerin Caterina am 15. April 1452 in Vinci in der Toskana geboren, ging er dem väterlichen Beruf – der Jurisprudenz – verloren, für den er, als Sohn, eigentlich bestimmt gewesen wäre. Er wurde ein bescheidener Handwerker, ein Maler eben. Mit der akademischen Laufbahn war es also, sozusagen von Geburt wegen, vorbei. Da wurde Leonardo kriminell. Ein wenig zumindest: Nachts schlich er auf den Friedhof, stahl Leichen und häutete sie, um den Verlauf von Nerven und Muskeln zu studieren. All das zu einer Zeit, als das Sezieren von Menschen als Sakrileg betrachtet wurde. Die Ergebnisse seiner anatomischen Studien notierte er in einem seiner vielen Notizbücher – gleich neben den Einkäufen für den nächsten Tag, architektonischen Skizzen und jenen für die Mona Lisa oder das Abendmahl.
Fingerprint
Für letztere Bilder werden die Forscher kaum eine Erlaubnis für ihr Vorhaben bekommen. Die ersten Tests werden daher voraussichtlich mit der "Anbetung der Könige" durchgeführt. Jesse Ausubel, stellvertretender Vorsitzender der "Richard Lounsbery Foundation", die das Projekt finanziert, sagte in The Telegraph: "Es ist bekannt, dass Leonardo seine Finger beim Malen benutzte. Daher ist es durchaus möglich, Zellen seiner Epidermis gemischt mit den Farben zu finden." Sollten die Wissenschaftler tatsächlich DNA entdecken, wollen sie das Erbgut mit Leonardos heute lebenden Verwandten vergleichen. Gibt es die erhoffte Übereinstimmung, will man die eingangs erwähnten Überreste aus Frankreich exhumieren. Das Studium der Knochen soll mehr über Leonardos Ernährung verraten und was zu seinem Tod geführt hatte.
Am interessantesten laut Geldgeber Ausubel: "Eine Rekonstruktion seines genetischen Profils könnte uns Einblicke in einen Menschen mit ganz bemerkenswerten Qualitäten geben."
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