Zugleich fernsehen und surfen könnte schlecht für Gedächtnis sein

Kinder schauen heute am Smartphone. Die Hoheit über die Fernbedienung hat an Bedeutung verloren.
Forscher: Medien-Multitasking korreliert mit schlechteren Gedächtnisleistungen.

Während einige Menschen noch Jahre nach der Schulzeit alle Hauptstädte Europas nennen können, wissen andere nicht mehr, was es am Vortag zum Mittagessen gab. Und während wir an manchen Tagen den Inhalt eines Buches perfekt wiedergeben können, können wir uns an anderen nicht an das Ende eines bestimmten Films erinnern. US-Wissenschafter haben untersucht, woher diese Unterschiede rühren.

Wie sie im Fachblatt Nature berichten, lassen Pupillenbewegungen und Hirnwellen Vorhersagen zu, ob sich jemand an eine bestimmte Sache erinnern wird oder nicht. Eher schädlich für das Gedächtnis scheint es demnach zu sein, wenn man häufig Medien-Multitasking betreibt, also etwa gleichzeitig fernsieht und im Internet surft.

Medien-Multitasking hat negative Auswirkungen

In ihrem Versuch führten die Wissenschafter der US-amerikanischen Stanford Universität verschiedene Gedächtnisübungen mit 80 Probanden im Alter zwischen 18 und 26 Jahren durch. Währenddessen wurden deren Pupillenreaktionen und Hirnwellen in einem Elektroenzephalogramm (EEG) aufgezeichnet, vor allem die sogenannte Alpha-Aktivität. "Eine erhöhte Alpha-Aktivität im hinteren Bereich des Schädels wurde mit Unachtsamkeit, Abschweifen und Ablenkbarkeit in Verbindung gebracht", führt Psychologe und Hauptautor Kevin Madore aus.

Tatsächlich hat erst kürzlich eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) diesen Zusammenhang belegt. "Wir wissen auch, dass Verengungen des Pupillendurchmessers - insbesondere vor der Ausführung verschiedener Aufgaben - mit Leistungsabfällen wie langsameren Reaktionszeiten und abschweifenden Gedanken zusammenhängen", ergänzt Madore.

Die Forscher bestimmten zudem die Fähigkeit der Versuchsteilnehmer, aufmerksam zu bleiben, indem untersucht wurde, wie gut diese in der Lage waren, eine allmähliche Veränderung in einem Bild zu erkennen. Zusätzlich fragten sie deren Medien-Multitasking-Gewohnheiten ab, also wie häufig sie etwa gleichzeitig fernsahen und SMS schrieben oder im Internet surften.

Das Ergebnis: Jene Probanden mit kürzerer Aufmerksamkeitsspanne und intensiverem Medien-Multitasking-Verhalten schnitten auch schlechter in den Gedächtnisübungen ab. Allerdings handle es sich dabei zunächst um eine Korrelation, keine Kausalität, betonen die Autoren.

Nichtsdestotrotz liege die Hypothese nahe, dass Medien-Multitasking Einfluss auf das Gedächtnis nehme, erklärt der Psychologe und Kognitionswissenschafter Simon Hanslmayr von der Universität von Glasgow in einer unabhängigen Einordnung der Studie. Insgesamt sei jene dargestellte Korrelation ein Zusammenhang, der bisher noch nicht beschrieben wurde.

Ein weiterer Verdienst der Studie, sei, dass sie die Rolle von Aufmerksamkeit beim Erinnern untersuche, so Hanslmayr: "Wir wissen bereits viel darüber, wie Aufmerksamkeit das Einspeichern von Informationen lenkt, aber wenig darüber, wie Aufmerksamkeit das Abrufen dieser Informationen beeinflusst." Die Autoren hätten nun die Aufmerksamkeitsfluktuationen der Probanden analysiert und mithilfe von EEG und Pupillenaufzeichnungen bestimmen können, ob sich jemand erinnere oder nicht.

Eben jenes Erinnern sei eine Fähigkeit, die Menschen jeden Tag nutzten und brauchten, um überhaupt zu funktionieren, sagt Hanslmayr. Wie fundamental wichtig dies sei, zeigten Erkrankungen, die das Gedächtnis beträfen, so etwa Alzheimer.

Tatsächlich hoffen die Autoren der Studie, dass ihre Forschung zu einem besseren Verständnis solcher Krankheiten beiträgt. Die Wissenschafter unterstreichen abschließend, dass das Gedächtnis in hohem Maße von zielgerichteter Kognition abhänge: Wir müssten bereit sein, uns zu erinnern, unsere Aufmerksamkeit an- und Ablenkungen ausschalten sowie ein Gedächtnisziel vor Augen haben - Faktoren, die noch vor dem eigentlichen Erinnern wirkten und bestimmten, ob man sein Gedächtnis aktivieren könne. Dafür seien gezielte Interventionen denkbar. Als Beispiel stellen sich die Forscher tragbare Augensensoren vor, die in Echtzeit anhand der Pupillengröße erkennen, ob ihr Träger unachtsam wird und dann ein entsprechendes Signal senden.

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