Alles begann 1974 mit Helios. Nein, nicht mit jenem antiken griechischen Gott, der auf dem Sonnenwagen über den Himmel jagt und der Spender von Licht und Wärme ist. Sondern mit der Sonde, die seinen Namen trägt. Sie war die Erste, die zur Sonne geschickt wurde, um mehr über unser Zentralgestirn herauszufinden.
Denn selbst Astrophysiker wissen noch immer erstaunlich wenig über sie. Solar Orbiter, die europäische Raumsonde, die eben erfolgreich gestartet wurde und an deren Mission auch österreichische Institutionen mitwirken (der KURIER berichtete), soll dem unverstandenen Feuerball nun endlich seine Geheimnisse entlocken.
Was klar scheint
So viel glaubt man zu wissen: Tief in der Sonne verschmelzen die Kerne von Wasserstoffatomen zu Helium – Unmengen an Energie wird frei. Langsam arbeitet sie sich als Hitze (15 Millionen Grad Celsius) durch den Stern nach oben. 170.000 Jahre später erreicht die Energie die Oberfläche. Nur noch 6000 Grad Celsius sind übrig geblieben. So weit, so klar. Doch dann ereignet sich ein Mysterium: In der Korona steigt die Temperatur plötzlich wieder stark an – auf bis zu zwei Millionen Grad.
„Was heizt die Korona auf?“, fragt sich nicht nur der Sonnen-Experte und Astrophysiker Arnold Hanslmeier von der Uni Graz. „Die Korona ist wesentlich heißer als die Oberfläche“, sagt er, und: „Es gibt Ideen, warum das so ist. Auf der Sonnenoberfläche gibt es auf- und absteigende Gase. Schall- und magnetische Wellen entstehen, die die Energie in höhere Bereiche abgeben. Die Details sind unbekannt.“ Astrophysiker haben auch das Magnetfeld der Sonne in Verdacht. Dort sei Energie gespeichert – mehr als genug, um die gemessenen Temperaturen zu erreichen.
Apropos Magnetfeld: Weitere Terra incognita, dessen Rätsel auf dieser Reise gelöst werden sollen, sind die Pole der Sonne: Hier tritt das Magnetfeld aus, und hier könnte es seine Geheimnisse offenbaren, hoffen die Forscher. „Ohne das Puzzlestück, das uns an den Polen fehlt, lässt sich die Sonne in ihrer Gesamtheit nicht verstehen“, sagt Sami Solanki vom Sonnenforschungsteam.
Von der Erde aus sind die Pole aber kaum zu erspähen. Darum soll Solar Orbiter nun im Laufe der Mission immer weiter nach Norden sowie Süden vordringen und die Polarregionen beobachten. Übrigens eine Premiere in der Sonnenforschung.
Sonde erforscht Sonnenstürme
Wetterfrosch im All
Wer sich nun fragt, wozu wir das brauchen: Die Mission befriedigt nicht nur wissenschaftliche Neugier. Geladene Teilchen, die bei Sonnen-Eruptionen mit bis zu 800 km/sek ins All geschleudert werden, können das schützende Erdmagnetfeld durchdringen, Stromnetze zusammenbrechen lassen und Satelliten lahmlegen. Je stärker wir von Technik abhängig werden – man denke an selbstfahrende Autos, die auf Navigationssatelliten angewiesen sind – desto stärker ist der Impact einer Sonneneruption. Hanslmeier abschließend: „Wir wollen also das Spacewetter besser verstehen. Und diese Explosionen vorhersagen.“
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