Tintenfische hungern für Delikatessen
Wenn Tintenfische wissen, dass sie abends Chancen auf Garnelen - ihr Lieblingsessen - haben, fressen sie tagsüber weniger Krabben. Die Fähigkeit, Entscheidungen auf der Grundlage von Zukunftserwartungen zu treffen, offenbart komplexe kognitive Fähigkeiten.
Schon frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Tintenfische lernfähig sind. Jetzt belegt eine Studie der Universität von Cambridge, dass die Meerestiere auch in Sachen Futter vorausschauend planen.
Versuchskaninchen: Zehnarmiger Tintenfisch
Forscher um Pauline Billard führten ihre Untersuchungen am Gewöhnlichen Tintenfisch (Sepia officinalis) durch. Der europäische Küstenbewohner zählt zu den Zehnarmigen Tintenfischen, die bis zu etwa einen halben Meter lang werden und bis zu vier Kilogramm wiegen. Die Kopffüßer erbeuten mit ihren Tentakeln geschickt verschiedene Meerestiere – wie Fische, Krabben und Garnelen. Ihre starke Vorliebe: Shrimps.
Futtervorlieben ausgetestet
Die Forscher wollten klären, inwieweit diese Präferenz das Verhalten der tierischen Feinschmecker prägt. Zunächst erfassten sie, wie viele Krabben ihre Versuchstiere normalerweise verspeisten, wenn es keine Shrimps gibt. Anschließend gewöhnten die Forscher ihre Versuchstiere an abendlichen Luxus: Stets zur gleichen Zeit gab es die köstlichen Garnelen.
Erfolgreich konditioniert
Wie die Auswertungen der Futtermengen ergaben, hatte dieses Angebot einen deutlichen Effekt auf den Verzehr von Krabben: Die Tintenfische fraßen tagsüber deutlich weniger von den Strandkrabben als üblich. Dies änderte sich allerdings, wenn sich die Tiere nicht darauf verlassen konnten, dass abends ein Festmahl auf sie wartete, zeigten weitere Experimente. Wenn die Forscher die Tintenfische nur an zufällig verteilten Abenden mit Garnelen versorgten, fraßen sie tagsüber wieder mehr Krebse.
Flexibles Verhalten
Der Interpretation der Forscher zufolge konnten die Tiere aufgrund der zufälligen Bereitstellung ihres Lieblingsfutters nicht mehr planen und stellten daher über den Verzehr der Krabben lieber sicher, dass sie auf ihre Tagesration an Futter kommen. „Es war überraschend zu sehen, wie schnell die Tintenfische ihr Fressverhalten an die aktuellen Regeln anpassten: In nur wenigen Tagen erfassten sie, wie wahrscheinlich es ist, dass es am Abend Garnelen geben wird. Dabei handelt es sich um ein erstaunlich komplexes Verhalten, das nur durch raffinierte Hirnfunktionen möglich ist“, resümiert Billard.
Aus früheren Erfahrungen gelernt
Ihr Kollege Nicola Clayton von der University of Cambridge sagt dazu abschließend: „Diese flexible Futtersuchstrategie zeigt, dass sich Tintenfische aufgrund früherer Erfahrungen schnell an Veränderungen in ihrer Umgebung anpassen können. Diese Entdeckung könnte neues Licht auf die evolutionären Ursprünge solch komplexer kognitiver Fähigkeiten werfen“, so der Wissenschaftler.
Anpassung als Überlebensstrategie
Um zu überleben, müssen sich die Tiere ständig an Veränderungen in ihrer Umwelt anpassen. Tintenfisch können dafür auf ein großes zentrales Nervensystem zurückgreifen, dieses Gehirn ermöglicht es ihnen, von jungen Jahren an zu lernen. Die Meeresbewohner sind in der Lage, sich an Ereignisse in der Vergangenheit zu erinnern und anhand dieser Informationen ihr Verhalten im Hinblick auf die Zukunft anzupassen.
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