Renaturierung: Mehr Natur heißt mehr Arten und besseres Klima

Wiese statt Feld hilft dem Schmetterling.
Auf ausgewählten Flächen könnte die Wiederherstellung des naturnahen Zustands den größten Nutzen zu den geringsten Kosten bringen.

Naturlandschaft statt Kulturlandschaft: Die Renaturierung von rund einem Drittel der durch Landwirtschaft ersetzten Ökosysteme könnte das prognostizierte Aussterben aufhalten bzw. deutlich verlangsamen. Gleichzeitig könnte dabei fast die Hälfte des seit der industriellen Revolution in der Atmosphäre angesammelten Kohlenstoffs absorbiert werden. Das zeigt eine internationale Studie, veröffentlicht im Fachmagazin "Nature".

Ursprüngliche Ökosysteme

Die Forscher, darunter Karl-Heinz Erb und Christoph Plutzar vom Institut für soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien sowie mehrere Wissenschafter des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien, bewerteten weltweit 2.870 Millionen Hektar Ökosysteme, die in der Vergangenheit in Ackerland umgewandelt wurden. Davon waren 54 Prozent ursprünglich Wälder, 25 Prozent Grasland, 14 Prozent Buschland, vier Prozent Trockenland und zwei Prozent Feuchtgebiete.

Ausgewählte Gebiete

Die Bewertung erfolgte anhand von drei Faktoren: Lebensraum für Tiere, Kohlenstoffspeicherung, Kostenwirksamkeit. So konnten die Forscher bestimmen, welcher Anteil dieser Flächen weltweit bei einer Wiederherstellung des naturnahen Zustands den größten Nutzen zu den geringsten Kosten bringen würde.

Positive Wirkung auf mehrere Bereiche

Den Berechnungen zufolge würde die Renaturierung von 30 Prozent der einst durch Landwirtschaft ersetzten Ökosysteme 70 Prozent der bedrohten Tierarten vor dem Aussterben retten und dabei mehr als 465 Milliarden Tonnen Kohlendioxid absorbieren. Selbst wenn nur 15 Prozent der zerstörten Ökosysteme weltweit wiederhergestellt würden, könnten 60 Prozent der bedrohten Arten nachhaltig geschützt und gleichzeitig 299 Milliarden Tonnen CO2 reduziert werden. Das wäre rund ein Drittel des Kohlendioxids, das sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten durch menschliche Aktivitäten in der Atmosphäre angesammelt hat.

Gezielte Bevorzung erhöht Erfolg

"Die Pläne zur Wiederherstellung eines naturnahen Zustands der Ökosysteme voranzutreiben ist entscheidend, um zu verhindern, dass die anhaltende Biodiversitäts- und Klimakrise außer Kontrolle gerät", erklärte der Hauptautor der Studie, Bernardo Strassburg, von der Päpstlichen Katholischen Universität in Rio de Janeiro (Brasilien). Entscheidend dabei sei eine Priorisierung von Wiederherstellungsmaßnahmen. Denn die Renaturierung an den Orten mit der höchsten Priorität sei 13 Mal kostengünstiger als eine Umsetzung ohne Bewertung.

Wälder spielen wesentliche Rolle

Zentral für die Bekämpfung der Erderwärmung und den Schutz der Biodiversität, sei der Schutz und die Renaturierung von Wäldern. "Aber andere Ökosysteme dürfen nicht außer Acht gelassen werden, denn sie spielen eine wichtige Rolle im Zusammenhang von Klimaschutz, Biodiversitätsschutz und der Ernährungssicherheit", sagt Erb.

Mehr Natur ohne Versorgungsverlust

Apropos Ernährungssicherheit: Die Forscher errechneten auch, dass 55 Prozent oder 1.578 Mio. Hektar Ökosysteme, die in Ackerland umgewandelt wurden, renaturiert werden könnten, ohne die globale Nahrungsmittelproduktion zu beeinträchtigen. Um diese sicherzustellen wären parallel dazu eine gut geplante und nachhaltige Intensivierung der Nahrungsmittelproduktion, eine Verringerung der Nahrungsmittelabfälle und eine Verlagerung weg von tierischen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Milch und Käse zu einem höheren pflanzlichen Anteil in der Ernährung, insbesondere in den industrialisierten Ländern, notwendig.

Kommentare