Placebo: Wirkung auch ohne Heimlichtuerei

Placebo: Wirkung auch ohne Heimlichtuerei
Mit einer Studie liefern Forscher nun Beweise dafür, dass Behandlungen, die ehrlich als Placebo deklariert werden, immer noch Vorteile bieten können.

Wer ein Leiden verspürt und eine entsprechende Behandlung erhält, erwartet naturgemäß einen lindernden Effekt – oder erhofft diesen zumindest. Dass allein diese positive Erwartungshaltung enorme Kraft entfalten kann, zeigt der Placebo-Effekt. Das Phänomen wurde bereits in etlichen Studien untersucht – Teilnehmer bekamen unwissentlich eine wirkungslose Pille anstelle echter Medikation. Oftmals besserte sich ihr Zustand dennoch.

Eine neue Erhebung geht einen Schritt weiter: Wissenschafter konnten belegen, dass ein Placebo-Präparat positive neurobiologische Wirkungen hervorrufen kann. Selbst wenn man die Probanden vorab wissen ließ, dass sie ein unwirksames Mittel bekommen würden. Publiziert wurden die Ergebnisse des Teams der Michigan State University, der University of Michigan und des Dartmouth College nun im Fachblatt Nature Communications.

Nur in der Wissenschaft zulässig

In vielen klinischen Studien ist es – sofern dies ethisch vertretbar ist – gang und gäbe, die Teilnehmer der Kontrollgruppe nicht darüber zu informieren, dass ihnen Placebos verabreicht werden, die keinerlei Wirkstoff enthalten.

Aufgrund der ethisch strittigen Tatsache, dass Menschen getäuscht werden müssen, um die entsprechenden gesundheitlichen Vorteile eines Placebos zu genießen, können solche Scheinpräparate nicht im Alltag zu medizinischen Behandlung eingesetzt werden, schreiben die Studienautoren. Auch wenn ihr Effekt dies nahelegen würde. Um eine Lösung für die moralische Problematik zu ergründen, untersuchten die Forscher das Potenzial von "nicht täuschenden" Placebos. Parallel zur Gabe einer Substanz informierte man Einzelpersonen darüber, wie Placebos verwendet werden und dass sie vorteilhafte Wirkungen haben können.

Objektive Daten

Bei der Untersuchung der potenziellen Effekte verließ man sich nicht auf Selbstauskünfte der Teilnehmer, sondern maß tatsächliche physiologische Veränderungen. Um objektive und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

Die Autoren führten zwei Experimente durch, bei denen die Teilnehmer 40 emotional aufgeladene Bilder betrachten sollten. Dreißig dieser Bilder waren negativ konnotiert, während zehn neutral waren. Bei beiden Untersuchungen erhielten die Probanden Infomaterial, in dem der Placebo-Effekt theoretisch erläutert wurde. Sie wurden infolge angewiesen, ein Nasenspray mit harmloser Kochsalzlösung zu inhalieren. Man teilte ihnen auch mit, dass dies zwar ein Placebo sei, dieser aber ihre emotionale Reaktion auf die Bilder verringern könnte.

Hirnaktivität verändert

Im ersten Experiment berichteten Teilnehmer selbst über ihre emotionale Wahrnehmung die Bilder. Wie die Forscher erwartet hatten, gaben sie eine Verringerung der emotional aktivierenden Wirkung zu Protokoll.

Im zweiten Experiment verwendete man EEG-Messwerte, um Änderungen der stressbedingten neuronalen Aktivität zu bewerten, während die Bilder betrachtet wurden. Es zeigte sich: Die reduzierte emotionale Reaktion bildete sich auch in der Hirnaktivität ab.

"Die Ergebnisse liefern erste Beweise dafür, dass nicht täuschende Placebos echte psychobiologische Effekte auslösen", ist Mitautor Ethan Kross von der University of Michigan überzeugt.

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