Herausgeputzt
Zwei Bilder machen da zum Beispiel deutlich, wie sich das Verhältnis zum Barockgarten verändert hat: „Während im Jahr 1783 noch herausgeputzte Damen und Herren durch die Wege der Anlagen flanierten, sitzen heute die Menschen auf den Rasenflächen.“
Die Gartengestaltung war schon immer ein Spiegelbild des politischen Wandels. Bis ins Mittelalter gab es in Europa vornehmlich Nutzgärten. Erst in der Renaissance entwickelten sich Parkanlagen, die eine Mischung aus Nutzgarten und Repräsentationsanlagen waren. „Hier wuchsen erste exotische Bäume und wurden Terrassen angelegt“, weiß Christian Maryška. „Repräsentativ und typisch für die Zeit waren Wasserspiele, die damals aufkamen. Man legte die Gärten symmetrisch an.“
Etwas später im Barock waren nicht nur die Anlagen symmetrisch: „Auch die Natur sollte im Absolutismus beherrscht werden, wie an den geformten Gehölzen zu sehen ist“, sagt Lička. Ausgegangen ist das vom Sonnenkönig Ludwig XIV. mit seiner Anlage in Versailles. Hier wurde alles bestimmt: Es gab Spazierkataloge, die vorgeschrieben haben, auf welchen Wegen der Park präsentiert werden soll. Noch heute sind in Wien barocke bzw. spätbarocke Anlagen zu bewundern, etwa der Belvederegarten oder der Schlosspark Schönbrunn mit seinen Wasserspielen und Springbrunnen.
Mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert war damit Schluss. Barocke Anlagen, wie der Park des Palais Lichtenstein, wurden zu englischen Gärten überformt: „Möglichst nahe an der Natur, war das Motto“, sagt Lička. Gerade Wege mussten geschwungenen weichen. „Es wurden eigens Hirsche aus Russland importiert, die besonders wild erscheinen sollten. Das Konzept, alles natürlich aussehen zu lassen, obwohl es bis ins Detail durchgeplant war, ging auf den englischen Landschaftsarchitekten Lancelot Brown zurück. Zugang zu den Parks hatten weiterhin nur Adel oder Klerus. Das Volk war nicht immer willkommen.
Platz für Menschen in der Stadt
Bis die breite Masse die Parks eroberte, dauerte es. Mit dem Beginn der Industrialisierung zogen immer mehr Menschen in die Städte, wo sie auf engstem Raum wohnten. Die Parks wurden als Orte der Erholung für die Öffentlichkeit geöffnet oder auch neu angelegt. Zu den drei ersten Anlagen, die nur für die Öffentlichkeit geplant wurden, gehört der Wiener Volksgarten – neben dem Englischen Garten in München und dem Stadtwäldchen in Budapest. Wobei sich im Volksgarten nicht jeder aufhalten durfte: Bloßfüßigen und Frauen mit Schleppen – Prostituierte – war der Zugang verboten.
Noch bis in die 1980er-Jahre kämpften Jugendliche in der Burggartenbewegung für die Rasenfreiheit.
Tipp: „Von Gärten und Menschen“: Die Ausstellung ist noch bis 5. November im Prunksaal der Nationalbibliothek, Josefsplatz 1, Wien zu sehen: oenb.ac.at
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