Malaria-Gebiete schrumpfen durch Klimawandel: Warum das keine gute Nachricht ist
Vor einigen Monaten fiel im afrikanischen Kamerun der Startschuss für die weltweit erste Impfkampagne gegen die Tropenkrankheit Malaria. Fachleute sehen den Impfstoff als Meilenstein für Menschen in Malariagebieten, und dort vor allem für Kinder, die durch Malariainfektionen besonders gefährdet sind.
Nun folgt – zumindest scheinbar – eine weitere positive Nachricht: Einer im renommierten Fachblatt Science veröffentlichten Modellierungsstudie zufolge könnte es künftig in Afrika weniger Gebiete geben, in denen Malaria übertragen werden kann. Grund dafür sei der fortschreitende Wandel der klimatischen Bedingungen. Regionen mit hohem Ansteckungsrisiko würden noch stärker schrumpfen als bisher angenommen, heißt es.
Dass damit auch weniger Menschen einem Übertragungs- und Krankheitsrisiko ausgesetzt sein werden, lässt sich daraus nicht ableiten.
Schrumpfen der Gebiete nur auf den ersten Blick positiv
Für die Untersuchung hat das Team um den Geomorphologen Mark W. Smith von der University of Leeds mit sieben hydrologischen (die Gewässerkunde betreffend, Anm.) und vier klimatologischen Modellen für den Kontinent Afrika erhoben, wie sich die Ausdehnung möglicher Brutgebiete für Malaria-übertragende Mücken mit dem Klimawandel verändert. Bisherige Berechnungen modellierten das für die Mücken wichtige Oberflächenwasser nur über Niederschläge, wobei wichtige hydrologische Prozesse ignoriert wurden – etwa: Wo fließt das Wasser wie schnell hin? Wo bilden sich stehende oder langsam fließende Gewässer? Wie schnell verdunstet das Wasser?
Das Ergebnis der Arbeit: Die künftigen Gebiete der Malariaübertragung sind insgesamt kleiner als bei niederschlagsbasierten Schätzungen. Allerdings werden die Regionen größer, in denen die Erreger mindestens neun Monate pro Jahr übertragen werden können, vor allem entlang großer Flüsse. Da traditionell mehr Menschen entlang dieser Flüsse leben, werden künftig auch beträchtlich mehr Menschen in ganzjährigen Malaria-Regionen leben. Die neuen Berechnungen übertreffen ältere hier deutlich.
Eine mögliche Einschränkung der Studie: Die unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Anopheles-Arten an ihre Brutgebiete wurden nicht berücksichtigt, betonen die Forschenden selbst.
Malaria wird von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium ausgelöst, die von Anopheles-Mücken übertragen werden. Weltweit erkrankten im Jahr 2022 249 Millionen Menschen an Malaria, fast die Hälfte davon allein in Nigeria, der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Mosambik.
Insgesamt entfallen 94 Prozent aller globalen Fälle auf den afrikanischen Kontinent. 608.000 Menschen starben 2022 an der Krankheit, 76 Prozent davon waren Kinder unter fünf Jahren.
Die übertragenden Mücken bevorzugen warmes und feuchtes Klima, sind aber insgesamt sehr anpassungsfähig. Während einige Arten Teiche, Sümpfe, Seeufer oder Überschwemmungsgebiete von Flüssen für ihre Larven benötigen, genügen anderen kleine, flache, mit Wasser gefüllte Vertiefungen wie etwa Pfützen, Radspuren oder auch Hufabdrücke.
Expertinnen und Experten warnen jedenfalls schon seit Längerem vor den Auswirkungen des Klimawandels auf die Verbreitung von Malaria. So wird erwartet, dass sich die Verbreitungsregionen der Mücken und damit der Krankheit verändern. So könnten die Insekten auch in Europa, Nordamerika und Teilen Chinas heimisch werden.
Malaria darf nicht nur vom Klima dirigiert werden
Was sagen unbeteiligte Fachleute zu den Modellierungen? Mario Recker vom Institut für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen zeigt sich nicht vollends überzeugt. Die Ergebnisse dürften nicht dahingehend interpretiert werden, "dass der Klimawandel zu einem Rückgang der Malaria führen wird". Recker führt noch einen anderen Punkt ins Treffen: Es sei möglich, die Auswirkungen der Malaria "durch eine verbesserte Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Landbewirtschaftung zu beseitigen oder zumindest erheblich einzudämmen".
Ähnlich argumentiert Cyrill Caminade vom Abdus Salam International Center for Theoretical Physics in Triest. Der simulierte Temperaturanstieg über Afrika könnte zwar das Malariarisiko in den wärmsten und trockensten Regionen begrenzen, "wird aber andere wichtige Auswirkungen auf die Gesundheit von Tieren, Pflanzen und letztlich Menschen haben". Wetterextreme hätten schon jetzt schwerwiegende Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent. Dieses Problem werde weiter wachsen, "wenn wir unsere Emissionen nicht rasch eindämmen".
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