Haie vor Brasiliens Küste sind im Kokainrausch
Lange wurde darüber spekuliert, jetzt haben Forscher des Oswaldo Cruz Instituts den ersten konkreten Beweis: Haie in den Küstengewässern von Rio de Janeiro sind auf Koks.
Bei Scharfnasenhaien, die in den Gewässern der brasilianischen Küstenmetropole leben, wurden erstmals Spuren des Rauschgifts nachgewiesen, berichtet das Team um den Umwelttoxikologen Enrico Mendes Saggioro im Fachblatt Science of the Total Environment.
Das Forschungsteam kaufte für seine Studie insgesamt 13 Scharfnasenhaie von lokalen Fischern und untersuchte diese im Labor. Das Ergebnis: Bei allen 13 Tieren fanden sich Abbauprodukte von Kokain im Muskel- und Lebergewebe. Die Konzentration war bis zu hundertmal höher als bei bisher untersuchten Wasserlebewesen.
Die Daten würden auf die großen Mengen der Droge hinweisen, die in der Stadt konsumiert und über die Abwässer ins Meer entsorgt würden, hieß es. "In Brasilien haben Studien bereits die Kontamination von Wasser und einigen Wasserlebewesen, wie zum Beispiel Muscheln, durch Kokain nachgewiesen. Unsere Analyse ist die erste, bei der die Substanz in Haien gefunden wurde", so Mendes Saggioro, der zusammen mit der Biologin Rachel Ann Hauser-Davis für den Fund verantwortlich ist. Haie spielen der Biologin zufolge als Raubtiere eine zentrale Rolle in der Nahrungskette im marinen Ökosystem - über sie können Umweltschäden, einschließlich verschiedener Formen der Verschmutzung, erkannt werden.
Merkwürdiges Verhalten?
Zuvor hatten sich Berichte über seltsames Verhalten der Tiere gehäuft, etwa an der Küste Floridas. Ein Hammerhai wurde etwa dabei gesichtet, wie er sich ungewöhnlich bewegte und direkt auf eine Gruppe von Tauchern lossteuerte. Ein Sandbankhai wiederum schwamm im Kreis und fixierte die Augen auf ein nicht vorhandenes Objekt.
Im Großraum Rio de Janeiro gelangt die Droge wahrscheinlich vor allem durch die Entsorgung von Kokainabfällen in Abwässern ins Meer. Haie könnten aber auch mit Kokainpäckchen in Kontakt kommen, die beim Transport auf dem Seeweg absichtlich oder unabsichtlich ins Wasser gelangen. Nach dem jüngsten Weltdrogenbericht, der 2024 vom Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) veröffentlicht wurde, gehört Brasilien zu den größten Kokainkonsumenten weltweit.
Folgen sind unklar
Um die genauen Folgen der Kokain-Belastung für die Tiere zu bestimmen, seien spezifische Studien erforderlich. "Es wird vermutet, dass sie sich auf das Wachstum, die Reifung und möglicherweise die Fruchtbarkeit der Haie auswirkt, da die Leber an der Entwicklung der Embryonen beteiligt ist", sagt die Biologin Hauser-Davis.
Eine konkrete Befürchtung ist etwa, dass die Giftstoffe in der Leber der Tiere die Produktion von Vitellogenin beeinträchtigen könnten, aus dem der Dotter für die Eizellen entsteht. In der brasilianischen Studie waren alle untersuchten Weibchen trächtig. Die Auswirkungen der Kokainexposition auf die Föten sind unklar. Ebenfalls offen ist, ob die Droge tatsächlich das Verhalten der Haie beeinflusst.
Scharfnasenhaie verbringen Leben in Küstengewässern
Brasilianische Scharfnasenhaie (Rhizoprionodon lalandii) verbringen ihr ganzes Leben in Küstengewässern. Das Forschungsteam vermutete daher, dass sie zu den Arten gehören, die die Droge am ehesten aufnehmen.
Die positiv getesteten Scharfnasenhaie waren Jungtiere und durchschnittlich 52 Zentimeter lang. Die Wissenschafter weisen auch darauf hin, dass Haie in Brasilien eine häufige Nahrungsquelle sind. Wenn sie stark mit Kokain kontaminiert sind, könnten sie auch ein Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellen. Dazu seien aber weitere Untersuchungen nötig.
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