Kein Spaziergang: Der lange Weg der Frauen in den Weltraum

Kein Spaziergang: Der lange Weg der Frauen in den Weltraum
Mit Carmen Possnig könnte bald die erste Österreicherin ins Weltall starten. Raumfahrerinnen sind noch selten, aber auf dem Vormarsch.

Die Chancen stehen gut, dass Carmen Possnig Geschichte schreibt. Die 34-jährige Kärntnerin könnte die erste Österreicherin im All sein, nachdem sie von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA ins Reserveteam berufen wurde.

Frauen im Weltall – das war eher die Ausnahme als die Regel. Nur gut zehn Prozent aller Astronauten waren bisher weiblich. Das hat auch mit einem veralteten Auswahlverfahren zu tun, das zum Teil aus den 1960er-Jahren stammt, wie Claudia Kessler kritisiert. „Damals suchte man eher Kampfpiloten als Menschen, die wissenschaftlich arbeiten.“ Die deutsche Weltraumingenieurin, die von einem Flug ins All nur träumen konnte, hat mittlerweile eine spezielle Weltraum-Mission: Ihr Start-up „Die Astronautin“ soll Frauen den Weg ins All ermöglichen.

Knapp 70 Frauen waren bisher im Weltraum, 90 Prozent davon Amerikanerinnen. Nur drei Europäerinnen durfte sich die Erde von oben anschauen. Bei der kommenden Mission der ESA wird der Frauenanteil höher sein: Von den fünf Fixstartern sind zwei weiblich.

Warum es ein Problem ist, wenn so wenige Europäerinnen ins All fliegen, erklärt Kessler so: „Wir haben in Europa keine Daten, wie der weibliche Körper auf Schwerelosigkeit reagiert, weil die Amerikaner ihre Daten unter Verschluss halten.“

Schwerelos

Welche Erkenntnisse sich durch medizinische Tests an Astronautinnen gewinnen lassen, erläuterte Claudia Kessler in einem Interview: „Die Ergebnisse helfen zum Beispiel bei der Behandlung von Osteoporose, also Knochenschwund. Diese Krankheit betrifft Frauen aus hormonellen Gründen deutlich häufiger als Männer.“

Die Osteoporose trete im All nämlich weitaus schneller und stärker ein als auf der Erde, „ist aber reversibel, was sie hier unten nicht ist“, weiß die Expertin. Die Forschungen könnten später in die Behandlungsmethoden einfließen, so die Hoffnung.

Das bessere Team

Es gibt noch einen Grund, der für einen höheren Frauenanteil im All spricht. Den kennt die NASA-Psychologin Sheryl Bishop, die untersucht, wie sich Menschen in Gruppen verhalten, wenn sie Extrembedingungen ausgesetzt sind. „Wie Crewmitglieder mit der Stresssituation im All klarkommen, ist entscheidend für den Erfolg einer Mission“, erläutert Bishop. Und da habe sich gezeigt, dass eine gemischte Raumschiffbesatzung stabiler ist und besser funktioniert als eine, die nur aus Männern oder nur aus Frauen besteht.

Dass sie mit Extrembelastungen gut umgehen kann, hat die Österreicherin Carmen Possnig schon auf der Erde bewiesen. Die Medizinerin lebte im Auftrag der ESA mehr als ein Jahr in der Antarktis, um dabei die Auswirkungen von Isolation und geringerem Sauerstoffgehalt auf die Menschen zu erforschen.

Neue Erkenntnisse gewann Possnig dabei auch über sich selbst – und das hat ihr offenbar auch beruflich genutzt. „So eine Art von Selbstreflexion war nämlich auch beim Auswahlverfahren der ESA gefragt“, sagt sie.

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