Iod aus den Meeren beeinflusst vor allem polares Klima massiv

Iod aus den Meeren beeinflusst vor allem polares Klima massiv
Iodhaltige Verbindungen von Meeresalgen könnten bodennahe Wolkenbildung in der Arktis und in Folge Eisschmelze beeinflussen - österreichischer Forscher an Studie beteiligt.

Mit der Bildung von winzigen Partikeln, die den Kern einer entstehenden Wolke bilden, setzen sich Wissenschafter im internationalen Atmosphären-Forschungsprojekt CLOUD (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) auseinander. Welchen Einfluss bisher wenig beachtete, von Meeresalgen gebildete iodhaltige Verbindungen auf die Wolkenbildung haben können, beschreibt ein Team nun im Fachblatt "Science". Die Prozesse könnten das Abschmelzen des Meereises beschleunigen, so ihr Fazit.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Großprojekts CLOUD am Europäischen Labor für Teilchenphysik CERN in Genf (Schweiz) kann in einem 26 Kubikmeter großen Edelstahltank die Bildung von Aerosolpartikel und Wolken unter extrem präzisen kontrollierbaren Bedingungen untersucht werden. Teil des internationalen Teams sind u.a. Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck und Paul Winkler von der Universität Wien.

Rolle von Iod

Damit Wasserdampf in der Atmosphäre zu Tröpfchen und in der Folge zu Wolken werden kann, sind sogenannte Kondensationskeime erforderlich. Diese können aus natürlichen Prozessen wie etwa winzigen Sandkörner oder von menschlichen Aktivitäten stammen wie etwa Rußpartikel. In diesem Fall gingen die Wissenschafter der Rolle von Iod nach, das vorwiegend von Algen gebildet wird und über die Ozeane in die Luft gelangt.

Die Iod-Emissionen in der nördlichen Hemisphäre zeigen seit 1950 einen steilen Anstieg. Das liege vermutlich daran, dass unter insgesamt wärmeren Bedingungen das Eis in der Arktis immer dünner wird und die Meeresalgen mehr Iodverbindungen bereitstellen, sagte Hansel im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA.

Iod wird zu Iodsäure

Klar ist jedoch, dass diese Verbindungen in der Atmosphäre zu Iodsäure oxidieren. So können "Nanopartikel entstehen", die zu Kondensationskeimen heranwachsen und letztlich die Wolkenbildung anregen, erklärte Hansel. Wie das abläuft, haben sich die Wissenschafter um Erstautor Xucheng He von der Universität Helsinki (Finnland) nun genauer angesehen.

In den Experimenten wurden die Nanopartikelbildung und Wachstumsraten "sowie die Zusammensetzung von frisch gebildeten Partikeln aus Iodsauerstoffsäuren gemessen", so Winkler in einer Aussendung. Dabei zeigte sich, dass sich Iodsäurepartikel unter extrem reinen Bedingungen rasch bilden, "rascher sogar als die für die Wolkenbildung sehr wichtigen Partikel aus Schwefelsäure und Ammoniak".

Polarregionen

Gerade in marinen Regionen, wo die Schwefelsäure- und Ammoniakkonzentrationen extrem niedrig sind, ist diese Bildung von Iodsäurepartikeln sehr bedeutsam. Das trifft vor allem auf entlegene Polarregionen zu, in denen bodennahe, vom Menschen verursachte Luftschadstoffe noch immer selten sind, die sich als Vorläufer-Gase für die Partikelbildung eignen würden. Die in der Arktis eingetragenen, vielfach vom Menschen verursachten Sulfataerosole finden sich dort nämlich in größeren Höhen. Dieser Dunstschleier - vulgo "Arctic haze" - wird seit der industriellen Revolution regelmäßig im Frühling und Sommer beobachtet. Diese hellen Wolkenschleier mit kleinen Wassertropfen reflektieren das Sonnenlicht zurück ins All und wirken eher kühlend, so Hansel.

Niedrige Wolkenformationen

Trotzdem gibt es in diesen Breiten immer wieder auch sehr niedrige Wolkenformationen. "Wie es zu deren Bildung kommt, wird erst jetzt klarer", so der Physiker. Deren Entstehung dürfte, den neuen Erkenntnissen zufolge, vor allem mit den Iod-Emissionen von Meeresalgen zusammenhängen. Hat man dort mehr Wolken, bringt das wiederum einen zusätzlich wärmenden Effekt, weil die niedrigen Wolken - in Abhängigkeit ihrer Beschaffenheit - die abgestrahlte Wärme von der Oberfläche wieder zurückreflektieren. "Wir konnten jetzt einen Mechanismus erklären, um zu verstehen, wie in so entlegenen Gebieten wie der Arktis Wolken entstehen, und wie das auf das Abschmelzen des Eises zurückwirken kann", sagte Hansel, der zusammen mit der Tiroler Spin-off-Firma Ionicon Analytik spezielle Messverfahren für die Forschungsarbeit entwickelt hat.

 

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