Interview: "Migration ist das Normale, Sesshaftigkeit die Ausnahme"

Interview: "Migration ist das Normale, Sesshaftigkeit die Ausnahme"
Historikerin Sylvia Hahn über ihren DNA-Test, verdrängte Migration in der Familie und verloren gegangene kulturelle Offenheit.

Sylvia Hahn war unlängst beim DNA-Test. Um wohlfeile 30 Euro hat die Historikerin von der Universität Salzburg ihre Neugier befriedigt und festgestellt, dass sie, die aus dem südlichen Niederösterreich stammt, irisch-keltische Vorfahren hat. Auch finnische Spuren finden sich. §Nicht nur welche aus Mitteleuropa und vom Balkan, wie zu erwarten war", kommentiert sie. "Das zeigt die hohe Vermischung – es gibt keine deutsche DNA", stellt die Migrationsforscherin klar und möchte am liebsten alle Österreicher zum Test schicken. "Dann würde sich vieles rasch erledigen."

KURIER: Frau Hahn, Sie kritisieren, dass Migration in unserem eigenen Familiengedächtnis vielfach verdrängt wurde.

Sylvia Hahn: Ja, ich merke das bei meinen Studierenden. In der ersten Stunde bekommen sie die Ausgabe nachzuvollziehen, wo Eltern und Großeltern herkamen. Viele meiner oberösterreichischen Studenten stellen verblüfft fest, dass die Großeltern aus Flüchtlingssiedlungen kommen. Innerhalb der Familien wurde nicht darüber gesprochen. Um es klar zu sagen: Migration ist das Normale, Sesshaftigkeit die Ausnahme. Migration ist so alt wie die Menschheit selbst. Wir wissen ja, dass der Ursprung der Menschen in Afrika liegt und dass sie sich von dort ausgebreitet haben. Alles ist durchmischt.

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