"Grünes Band": Ein Oberförster erinnert sich

"Grünes Band": Ein Oberförster erinnert sich
Eine KURIER-Reportage über die einstige Todeszone bewog einen Leser dazu, seine Beobachtungen für die Nachwelt festzuhalten.
Von Uwe Mauch
Der KURIER-Bericht über das "Grüne Band" und seinen Wandel in eine Öko-Begegnungszone (in der Sonntagausgabe) hat bei Karl Mandler Erinnerungen an seine Jugend ausgelöst. Er schrieb dem Autor persönlich: "Hallo Herr Mauch! Habe Ihren Bericht über den Grenzstreifen entlang der österreichischen Grenze mit Interesse gelesen. Dieser Teil des Nationalparks war nämlich das Forstrevier, in dem ich 1954 meine forstliche Praxis als Forstpraktikant begonnen habe."

Mit der expliziten Genehmigung von Karl Mandler ("meine Freunde gaben mir den Spitznamen Waldläufer") veröffentlichen wir hier seinen Zeitzeugenbericht. Er erinnert sehr lebendig, teils auch beklemmend, an die Zeit des "Kalten Kriegs" und des "Eisernen Vorhangs" zwischen Österreich und der damaligen Tschechoslowakei in den 1950er-Jahren:

"Das Forstamt war in Fronsburg, mein Lehrförster war Oberförster Brandl. Ich lebte bei Forstaufseher Jirschek Karl in Merkersdorf. Der Wald und die Jagd wurde damals von einem USIA-Betrieb verwaltet. Aber ich konnte dort meine Försterlaufbahn als Forstpraktikant beginnen.

"Grünes Band": Ein Oberförster erinnert sich

Viele Erlebnisse und Eindrücke aus der damaligen Zeit sind mir in Erinnerung geblieben, zum Beispiel auch der „Umlaufberg“, der so heißt, weil die Thaya rundum fließt. Er war ein für die Jagd sehr interessanter Waldteil.

An der höchsten Erhebung hatten wir einen Hochsitz, in der Hirschbrunft war dort allerhand los. Ein Platzhirsch bewachte sein Kahlwild und verteitigte es vor anderen Hirschen – wie es in der Natur halt zugeht.

Hirschjagd jenseits der Thaya

Einmal wurde von einem Jagdgast ein Hirsch angeschossen, der über die Thaya nach Tschechien flüchtete. Mein Lehrherr und ich verständigten die Grenzstation in Hardegg, die sich in dem viereckigen Haus über der Brücke in Hardegg befand. Wir wurden von dort eingeladen, mit den dortigen Grenzbeamten den Hirsch zu suchen. Mit „Jawa“-Motorrädern hat man uns gefahren, zu der Stelle, wo der Hirsch die Thaya überquerte.

Unser Hund, ein Deutsch Drahthaar, er hieß Brockmann, nahm die Fährte auf und stellte den Hirsch. Einer der tschechischen Zollbeamten, der auch ein Jäger war, konnte den Fangschuss anbringen, wie es heißt, und der Hirsch wurde dann abgeholt von Bekannten der Zollstation. Die Frau in der Zollstation hatte uns großzügig bewirtet, und wir begaben uns wieder über die Brücke nach Hardegg.

"Grünes Band": Ein Oberförster erinnert sich

Bei unserer Jagdausübung trafen wir oft tschechische Grenzgänger, die natürlich froh waren, dass sie auf uns trafen, und von uns erfuhren, dass sie nun in Österreich waren.

Auf der anderen Seite der Grenze war auch Muffelwild, ein Widder kam einmal auf österreichisches Gebiet, konnte aber nicht erlegt werden. Das Tragen von Jagdwaffen war nur beeideten Leuten erlaubt, die Russen haben das auch fallweise kontrolliert.

Neuland für einen Salzburger

Flora und Fauna waren damals schon ein Hobby von mir. Die Gegend war reich an verschiedenen Blumen und Pflanzen, ich war damals erst 15 Jahre alt. In Merkersdorf war an der Grenze auch die Ruine „Kaya“, die mich bei Besuchen auch faszinierte. Die Gegend war für mich deshalb interessant, weil ich als gebürtiger Salzburger so ein Land nicht kannte.

Meine forstliche Tätigkeit war die Holz-Auszeige für die Schlägerung, die Abmaß und Mithilfe bei unseren Holzarbeitern Peter Zoufal und Haidvogel – so haben  die Leute geheißen, und leben mit Sicherheit nicht mehr.

Wahrscheinlich gibt es nur mehr wenig Leute, die aus der damaligen Zeit  noch etwas erzählen können. In der Thaya waren enorm viele Fische, hauptsächlich Bachforellen. Oft gingen wir fischen. Die Fische gehörten auch zu unserer Nahrung, wie Rehe und Hasen.

Von Hardegg ins Lammertal

Meine Laufbahn als Förster habe ich dann fortgesetzt. Nach Besuch der Höheren forstlichen Lehranstalt in Waidhofen/Ybbs konnte ich mit abgelegter Staatsprüfung in meiner Heimat Salzburg bei den Bundesforsten als Förster meine Tätigkeit fortsetzen und beenden. Ich bin seit 24 Jahren in Pension, und lebe in meinem Haus im Lammertal.

Dank Ihres Artikels habe ich mich wieder an meine Lehrjahre als Forstpraktikant erinnert, ich denke heute noch oft und gerne an diese Zeit zurück.

Gelegentlich ist auch ein Besuch meines früheren Reviers angesagt. Es freut mich, dass die schöne interessante Gegend zum Nationalpark erklärt wurde, und somit auch der Nachwelt zum Besuch offen steht."

Kommentare