Flirten, Futtern, Fadisieren: Was Zootiere ohne Zuschauer tun

Die Pandas nützten die stillen Stunden zum Anbandeln.
Die Tiere in Schönbrunn sind Trubel gewöhnt. Unbeobachtet langweilen sich manche sogar. Am 15. Mai geht es wieder los.

Große Pandas sind ausgewachsene Sexmuffel. Nur zwei Tage im Jahr zeigen sich die Einzelgänger paarungsbereit. Yang Yang und Yuan Yuan nützten Ende März die Gunst der stillen Stunde im Tiergarten Schönbrunn und flirteten ohne Zuschauer mit bellenden Lauten, beschwichtigendem Gemecker und kurzem Gerangel. Fans der Publikumslieblinge mussten sich mit Fotos begnügen, die Live-Szenen des Anbandelns spielten sich hinter verschlossenen Zootoren ab. Ein Erlass zur Eindämmung der Coronakrise verordnete die Sperre.

Seither sind zwei Monate vergangen. Neben dem Kaiserpavillon watscheln Stockenten über die Wiesen. Die Pfade von Giraffen zu Nashorn und Waldrapp zu Krokodil dagegen sind verwaist. „Einige unserer Tiere merken natürlich, dass derzeit etwas anders ist“, heißt es aus dem Zoo auf KURIER-Anfrage. So wie die Kattababys, das Sikahirschkalb und die Flamingoküken, die hier vor Kurzem das Licht der Welt erblickten, sind auch alle anderen Bewohner in menschlicher Obhut geboren. Schaulustige gehören zu ihrem Leben.

Ohne den üblichen Trubel – im Vorjahr zog die Sehenswürdigkeit 2,3 Millionen Besucher an – weichen manche Schützlinge von ihren Gepflogenheiten ab. „Wenn unsere Zoologen jetzt an den Anlagen vorbeigehen, merken sie, dass die Tiere sie aufmerksamer wahrnehmen“, erklärt der Zoo. Die Großkatzen lassen die Ruhestörer nicht aus den Augen, Tiger und Löwen beobachten von ihren Posten aus genau, was sich außerhalb ihres Reviers abspielt. Bei den Arktischen Wölfen kommt Bewegung ins Rudel, sobald sich unerwartete Gesellschaft blicken lässt. Weibchen Svenja läuft als Begleiterin den Zaun entlang, „beinahe wie ein Hund“. Der einzelne Mensch geht zur Zeit nicht in der Masse unter. Was im Normalbetrieb ausgeblendet wird, erregt jetzt Interesse.

Flirten, Futtern, Fadisieren: Was Zootiere ohne Zuschauer tun

Orang-Utan Sol interagiert gerne mit den Besuchern.

„Der hohe Standard in der Tierhaltung ist natürlich unverändert geblieben“, berichtet der Zoo. Trotz enormer finanzieller Einbußen. Dabei ist der Arbeitsaufwand hinter den Kulissen in einigen Bereichen gestiegen. Manche Pfleger sind als wichtigste Bezugsperson derzeit besonders gefordert. Unter Einhaltung strenger Hygiene-Standards sorgen sie ideenreich für Abwechslung und kompensieren durch mehr Beschäftigung die fehlenden Zaungäste. Gerade die Orang-Utans, aber auch die Papageien interagieren gerne über ihre Artgrenzen hinweg mit Menschen. Da diese Bereicherung des Alltags nun wegfällt, müssen sie anders bei Laune gehalten werden. „Wie und in welcher Form Tiere Beschäftigung brauchen, ist von der Art und vom einzelnen Individuum abhängig“, wissen die Experten im Zoo. Die Suche nach Futter spielt jedenfalls eine große Rolle.

Ab 15. Mai darf der Tiergarten Schönbrunn wieder öffnen (Eintrittskarten für bestimmte Zeitfenster sollten online reserviert werden.) Die Großen Pandas werden dann wie immer ihren Lieblingsbeschäftigungen nachgehen: Dem Kauen von Bambus und dem Schlafen. Ohne Nachwuchs. Zum Sex ist es heuer nicht gekommen. Vielleicht klappt es nächstes Frühjahr vor Publikum.

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