„Es ist eine der schwierigsten Rettungsaktionen verglichen mit früheren Massenstrandungen in der Region“, sagt der Biologe Kris Carlyon vor Ort. Auch heimische Experten wissen, dass der Erfolg von maritimen Bergungen begrenzt ist. Sie kennen darüber hinaus mögliche Gründe für das traurige Phänomen.
Noch ist nicht bekannt, warum die Grindwale in der abgelegenen Macquarie-Bucht zu nahe an die zerklüftete Küste geschwommen sind. „Prinzipiell zeigen Untersuchungen, dass Wale häufig aufgrund von Infektionen durch Bakterien oder Viren die Orientierung verlieren“, sagt Axel Hein, Meeresexperte beim WWF. Das gilt auch bei Parasitenbefall. Lebt eine Art – wie der Grindwal – in Gruppen von bis zu 500 Exemplaren, folgen alle dem kranken Leittier in den Tod. Wo das Ufer langsam abfällt, ist eine Umkehr aus eigener Kraft fast ausgeschlossen. Für gestrandete Tiere müssen Helfer Schneisen zum Wasser graben, im optimalen Fall spült die Flut die Tiere zurück ins Meer. Oft braucht es technische Hilfe. Kräne heben die Säuger auf Planen, Boote ziehen diese in tiefere Zonen.
„Lärmverschmutzung kann eine Fehlleistung in der Orientierung verursachen. Schall breitet sich unter Wasser viel schneller und über weitere Distanzen aus als an Land“, zählt Gerhard Herndl, Uni-Professor für Aquatische Biologie, einen weiteren potenziellen Auslöser auf. Geräusche von Schiffsmotoren etwa stören das tierische Echolot. Beim Ausweichen können die Weitschwimmer ins Seichte geraten. Entsteht wiederum durch Schallkanonen Panik, tauchen die verstörten Säuger zu schnell auf und verenden an Gasblasen im Blut. So führten militärische Sonar-Experimente nachweislich zu zahlreichen Strandungen.
Ohne Orientierung
„Möglicherweise sind auch Toxine verantwortlich für die Orientierungslosigkeit“, sagt Hein. Die Meeresriesen stehen am Ende der Nahrungskette. Sie fressen, was durch Gifte und Plastikmüll belastet ist. Schließlich kann eine Verschiebung des Erdmagnetfelds Wale fehlleiten. Nicht zuletzt heizt der Klimawandel kalte Strömungen auf und beeinflusst damit das Nahrungsangebot. Auf der Jagd kommen Wale von ihren sichereren Routen im tiefen Ozean ab.
Liegen die Tiere einmal im Sand, beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. „Rettungsaktionen sind nicht sehr Erfolg versprechend“, sagt Herndl. In der Schwerelosigkeit unter Wasser können Wale ihr Gewicht leicht tragen. An Land drückt die Last auf ihre Organe. Außerdem trocknet ihre Haut schnell aus, sie muss gekühlt und vor UV-Licht geschützt werden. „Der Allgemeinzustand der Wale verschlechtert sich schnell“, bestätigt Hein. Oft schwimmen die geretteten Individuen dann gar nicht ins offene Meer, sondern erneut Richtung Tod.
Selbst wenn es hin und wieder Jubelmeldungen gibt, Massenstrandungen gehen in der Regel nicht gut aus. In Australien haben die Retter jedenfalls noch nicht aufgegeben. Nic Deka von der zuständigen örtlichen Behörde sagt: „Wir werden weiter daran arbeiten, so viele Tiere wie möglich zu befreien.“
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