Bestandsaufnahme: Wo Tiger herumtigern

Bestandsaufnahme: Wo Tiger herumtigern
Die Zahl der Großkatzen ist in den vergangenen Jahren auf etwa 3000 gestiegen. Vor allem in Indien. In Südostasien wächst die Bedrohung.

Neueste Zählungen machen Hoffnung für die bedrohten Großkatzen: Der Bestand der Wildtiere in Asien erholt sich weiter. Seit dem historischen Tiefpunkt im Jahr 2006 ist die Zahl der Tiger in Indien auf rund das Doppelte gestiegen. Etwa 3000 Exemplare durchstreifen die Wälder des Subkontinents.

"Erstaunliches Comeback"

Die ermutigenden Zahlen seien eine Folge der massiven Anstrengungen, die Indien derzeit unternimmt, um eine gesunde Tigerpopulation aufrecht zu erhalten, schreiben Matt Hayward von der University of Newcastle und Joseph Bump von der University of Minnesota im Magazin "The Conversation". Von einem "erstaunlichen Comeback" spricht auch der Leiter der WWF-Initiative Tigers Alive, Stuart Chapman. Gute Nachrichten gebe es auch für die Tigerpopulationen in Bhutan, China, Nepal und Russland, die ebenfalls zunahmen, sowie für all die Menschen, die von intakten Ökosystemen profitieren.

Die Zahlen, die die indische Regierung jüngst veröffentlichte, sind das Ergebnis einer der "größten Tierzählungen", die je durchgeführt wurden. Laut Hayward und Bump kamen insgesamt 44.000 Vorortkräfte zum Einsatz, die 318.000 Habitate in 20 indischen Bundesstaaten mit Tigervorkommen untersuchten.

Zählung mit Kamerafallen

Mittel der Wahl waren Kamerafallen. Sie knipsten rund 35 Millionen Fotos. Zur Auswertung setzten die Forscherteams auf künstliche Intelligenz. Mit Hilfe der Technik konnten sie automatisch individuelle Tiger auseinanderhalten.Auch Hochrechnungen führten zu den Ergebnissen. Sie deckten sich mit den Werten aus den vergangenen Erhebungen. Alle vier Jahre soll eine solche Bestandsaufnahme wiederholt werden.

Mehr Katzen auf wenig Lebensraum

In ihrem Kommentar gehen Hayward und Bump auch auf problematische Entwicklungen ein. Den Auswertungen zufolge stieg zwar die Zahl der Katzen, nicht aber die ihrer Verbreitungsgebiete. In den vergangenen fünf Jahren seien diese um ein Fünftel geschrumpft, und nur acht Prozent der Fläche kamen neu hinzu.

Ein Verlust von Lebensraum kann dazu führen, dass Populationen anfälliger für Störungen werden. Sind Habitate nicht durch Korridore verbunden, verarmt zudem die Population auf lange Sicht genetisch.

Wilderei in Südostasien

Laut WWF besteht die größte Gefahr für die Tiger allerdings derzeit in der in Südostasien stark angestiegenen Wilderei, insbesondere durch Fallen. Experten der Tierschutzorganisation schätzen die Zahl der Schlingenfallen auf rund zwölf Millionen. Sie seien der Grund dafür, dass die Tiger in Ländern wie Kambodscha oder Laos vermutlich ausgestorben seien.

„Schlingfallen fegen Südostasiens Wälder förmlich leer. Sie drängen Tiger an den Rand des Aussterbens und kosten Millionen von Wildtieren das Leben – darunter gefährdete Asiatische Elefanten und Sumatra-Nashörner. Das destabilisiert ganze Ökosysteme“, warnt Georg Scattolin, Artenschutzexperte des WWF Österreich.

Umstrittenes Zuchtprojekt

Einen umstrittenen Schritt zum Schutz von Tigern und anderen Wildtieren hat indes Myanmar gesetzt. Das Land in Südostasien erlaubt seit Mitte Juli die kommerzielle Zucht der Raubkatzen und anderer bedrohter Arten – als Maßnahme gegen Wildtierschmuggel und Wilderei.

Bereits im Juni hatte das zuständige Ministerium privaten Zoos stillschweigend die Möglichkeit gegeben, sich auf Lizenzen für die Zucht von 90 Arten zu bewerben. 20 davon gelten als gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Auf der Liste stehen unter anderem Tiger, von denen es in Myanmar nur noch 22 Exemplare geben soll.

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