TU Wien: Forschungsteam entwickelt besonderes Schmiermittel

Ihr Einsatzgebiet ist groß: Schmiermittel dienen dazu, zur Verringerung von Reibung und Verschleiß sowie zur Kühlung, Schwingungsdämpfung oder als Korrosionsschutz beizutragen. Zugleich verhindern sie dass Dichtungen, Gummi oder Kunststoffe austrocknen. Daher ist es für die Industrie wichtig, das passende Schmiermittel für den richtigen Zweck zu finden. An der TU Wien arbeiten die Forschungsteams von Prof. Carsten Gachot (Tribologie, Maschinenbau) und Prof. Dominik Eder (Chemie) mit dem Gastwissenschaftler Xudong Sui zusammen, um bessere Schmiermittel zu entwickeln.
In Pulverform
Nun präsentierte das Team ein neuartiges Material mit besonderen Eigenschaften: Das Schmiermittel COK-47 ist nicht flüssig, sondern pulverförmig. Auf Nano-Skala betrachtet, besteht es aus geschichteten Stapeln extrem dünner Blättchen, ähnlich wie ein winziges Spielkarten-Deck. Kommt das Material in Kontakt mit Wassermolekülen, können diese Plättchen leicht aneinander vorbeigleiten – ein sogenannter Tribofilm entsteht, der für extrem geringe Reibung sorgt. Das macht das COK-47 bei feuchten Bedingungen hochinteressant.
Das Forschungsteam arbeitete mit metallorganischen Gerüstverbindungen, sogenannten Metal-Organic Frameworks (MOF). In dieser neuartigen Klasse von Materialien werden anorganische Baueinheiten mit organischen Moleküle verbunden. Das gibt den Forscher*innen Spielraum, diese Materialien auf atomarer Ebene für einen bestimmten Zweck anzupassen. Meistens handelt es sich bei metallorganischen Gerüstverbindungen um Cluster aus Metall-Atomen, verknüpft durch organische Verbindungen. „COK-47 hat allerdings eine wichtige Besonderheit“, erklärt der Chemiker Pablo Ayala, Mitautor der aktuellen Studie. „Die anorganischen Bauteile dieses Materials sind zweidimensionale Blätter aus Titanoxid – und das bestimmt sein Verhalten ganz wesentlich.“
Weitere Studien folgen
Die ersten ausführliche Untersuchungen zeigten, dass in einer feuchten Umgebung Wassermoleküle dafür sorgen, die Verbindungen zwischen den Titanoxid-Blättchen zu lösen, Somit können die flachen Strukturen aneinander vorbeigleiten und bilden somit den bereits erwähnten Tribofilm. Dieser kann die Reibung etwa zwischen zwei Bauteilen aus Metall extrem verringern. „Wir haben COK-47 mit anderen Schmiermitteln aus der Klasse der metallorganischen Gerüstverbindungen verglichen, die heute oft eingesetzt werden. COK-47 zeigte dabei einen deutlich niedrigeren Reibungskoeffizienten als die anderen“, sagt Hanglin Li, Erstautor der Studie. „Außerdem ist COK-47 verglichen mit anderen 2D-Materialien deutlich haltbarer – auch das ist in der Praxis ein äußerst wichtiges Kriterium.“
Mit dieser Entdeckung eröffnete das Team einen ganz neuen Forschungsbereich im Bereich der Festkörperschmierstoffe. Nun will man das Verhalten des Materials weiter verbessern und untersuchen, wie es an verschiedene, ganz konkrete Anwendungsmöglichkeiten angepasst werden kann.

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