Wie es gelingt, Gewohnheiten zu verändern

Wie es gelingt, Gewohnheiten zu verändern
Interview mit dem Philosophen Clemens Sedmak über die Philosophie der kleinen Schritte.

Gewohnheiten können Halt und Sicherheit geben – aber sie können auch zu einem zwanghaften Gefängnis werden und uns daran hindern, zu wachsen. Der Salzburger Philosoph und Ethiker Clemens Sedmak erklärt im KURIER-Interview, was Gewohnheiten mit Möbelstücken zu tun haben. Und er verdeutlicht, warum es oft gar nicht die ganz großen Veränderungswünsche sind, die dem Leben eine neue Richtung geben können.

KURIER: Was sagt eine Gewohnheit eigentlich über uns aus?

Clemens Sedmak: Wir richten uns in unserem Leben auch mit Gewohnheiten ein. Sie sind wie Möbelstücke, die unser ‚Haus des Seins‘ vertraut machen. Gewohnheiten sind aber auch wie Fenster im Charakter und in der Persönlichkeitsstruktur.

Warum fällt es uns so schwer, Gewohnheiten zu verändern – auch wenn wir wissen, dass sie uns schaden, etwa zu rauchen oder zu viel zu essen?

Gewohnheiten können identitätsstiftend sein, unser Eigenes werden. Es muss eine klare Motivation geben, um mit lieben Gewohnheiten zu brechen. Mitunter ist auch Druck von außen notwendig. Auch eine Umgebungsveränderung kann dazu führen, dass die Ausübung einer Gewohnheit erschwert wird.

Was ist am wichtigsten, wenn man etwas verändern will?Der Schlüssel dafür ist das Warum, also die Motivation. Sie gibt den langen Atem, den es braucht. Denn Gewohnheiten haben vor allem mit Üben, Üben, Üben zu tun. Und da ist wiederum eine gewisse Hartnäckigkeit, aber auch Geduld im Umgang mit sich selbst und kleinen Rückschlägen, wichtig.

Warum verändern kleine Schritte oft mehr als ein großer?Es ist harte Arbeit, herauszufinden, was man "eigentlich" will. Das braucht Zeit, Raum und den Blick, was sich im eigenen Leben zeigt. Die Veränderung einer Gewohnheit ist auf eine Umgebung angewiesen, in der konkrete, kleine Schritte stattfinden. Auch ein Schiff, dessen Kurs nur um wenige Grad verändert wird, steuert ein neues Ziel an. Um das zu zeigen, habe ich Menschen gebeten, 30 Tage lang konsequent an der Veränderung einer einzigen Gewohnheit zu arbeiten. Ich habe auch selbst experimentiert. Will man eine neue Gewohnheit – etwa Ernährungs- oder Bewegungseinheiten – einüben, liegt die Mindestschwelle bei drei Wochen. Ein Monat ist ein sicherer und klarer Zeitraum.

Was ist wichtiger für eine gelungene Veränderung: das beständige Tun oder zu beginnen?

Das kann man nicht gegeneinander ausspielen. Das Üben ist wohl herausfordernder, weil es unter verschiedensten Umständen stattfindet. Auch ist der erste Schritt nicht immer der schwerste.

Warum?

Manche Menschen werden zu Beginn von einer Anfangseuphorie und der Neugier des Beginnens sowie der Freude am Neuen getragen. Die muss man erst einmal über einen längeren Zeitraum in den Alltag integrieren.

Zur Person

Wie es gelingt, Gewohnheiten zu verändern
Clemens Sedmak, Jeder Tag hat viele Leben
Clemens Sedmak, 43, studierte Philosophie, Theologie und Sozialethik. Er lehrt an der Uni Salzburg und am Londoner King’s College.

Buchtipp

Wie es gelingt, Gewohnheiten zu verändern
Clemens Sedmak, Jeder Tag hat viele Leben
Jeder Tag hat viele Leben. Die Philosophie der kleinen Schritte. Ecowin-Verlag, 19,95 €.
Wie es gelingt, Gewohnheiten zu verändern

Kommentare