Wie Eltern bei ihren Kindern Narzissmus fördern

Mütter und Väter, die ihre Kinder für etwas Besseres halten, fördern die Entwicklung einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Das schadet dem Nachwuchs und auch der Gesellschaft, mahnen Forscher.

Sie fühlen sich anderen überlegen und erwarten eine Sonderbehandlung: Immer mehr Kinder in westlichen Ländern seien krankhaft selbstverliebt, schreiben Wissenschafter um Eddie Brummelman von der Universität Amsterdam. In einer Studie untersuchten sie die Ursache von Narzissmus und fanden sie bei den Eltern.

Persönlichkeitsstörung

Mütter und Väter, die ihre Kinder für etwas Besseres halten, fördern die Entwicklung dieser Persönlichkeitsstörung. Das berichtete das internationale Forscherteam in den Proceedings der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Die Psychologen und Erziehungswissenschafter befragten 565 niederländische Kinder zwischen sieben und elf Jahren sowie deren Eltern zwei Jahre lang alle sechs Monate. Jene Heranwachsenden, deren Eltern angaben, ihr Nachwuchs sei "besonderer als andere Kinder" oder "verdiene im Leben etwas Außergewöhnliches", hatten später narzisstischere Charaktere: Sie besaßen wenig Einfühlungsvermögen und reagierten überempfindlich auf Kritik. Demnach ist es dem Wohl eines Kindes nicht förderlich, wenn Väter oder Mütter es für "Gottes Geschenk an die Menschheit" halten.

"Kinder glauben ihren Eltern, wenn die ihnen sagen, sie seien besser als andere", wird Ko-Autor Brad Bushman von der Ohio State University in Columbus in einer Mitteilung der Universität zitiert. "Für sie selbst und auch für die Gesellschaft kann das nicht gut sein." Narzissmus ist nach Ansicht der Forscher ein Resultat übertriebener elterlicher Zuwendung - und nicht von zu wenig. Dies stütze die soziale Lerntheorie und widerspreche dem psychoanalytischen Ansatz, schreiben sie.

Eltern unter Druck

Der Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff aus Bonn sieht die Ursache auch in immer stärker gestressten Eltern: "Eltern fühlen sich heute mehr unter Druck", sagte Winterhoff. "Sie wollen aber unbedingt, dass es ihrem Kind besser geht. Deshalb bekommen Kinder immer mehr." Das mache sie aber nicht lern- und leistungsbereit. "Wir müssen uns klar sein, dass diese Menschen nicht lebenstüchtig sind", meint der Experte. "Sie sind zum Beispiel nicht in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen." In der Schule würden sie sich häufig verweigern. Glückliche Kinder seien das nicht, meint der Jugendpsychiater.

Narzissmus sei allerdings nicht mit einem hohen Selbstwertgefühl zu verwechseln, warnten die Forscher. Auch das hatten sie abgefragt. Eltern, die ihre Kinder mit viel emotionaler Wärme behandelten, stärkten das Selbstwertgefühl. "Menschen mit hohem Selbstwertgefühl sehen sich auf Augenhöhe mit anderen, während Narzissten denken, sie ständen darüber", erklärte Bushman.

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