Wie die Zentralmatura bisher lief

Die Kompensationsprüfungen sind beendet.
Die Ergebnisse dürften heuer besser ausfallen als im Vorjahr. Praktiker sehen dennoch Verbesserungspotenzial.

Für Maturanten, die auf eine schriftliche Prüfung einen Fünfer haben, gibt es einen Joker: die Kompensationsprüfung, die heuer am 30. und 31. Mai stattfand.

Wie viele Schüler diese Chance genutzt haben, wird erst in ein paar Wochen bekannt gegeben, nämlich dann, wenn das Bildungsministerium die Zahlen veröffentlicht. Sicher scheint: So viele wie im vergangenen Jahr, als im Fach Mathematik jeder Fünfte einen Fünfer hatte, dürften es heuer nicht sein. Davon geht AHS-Direktorensprecher Wilhelm Zillner aus, der sich auf Aussagen seiner Kollegen beruft. Auch aus Wien, wo es Standorte mit besonders vielen "Nicht genügend" gab, sind die Ergebnisse in Mathematik "heuer wahrscheinlich signifikant besser", wie Michael Sörös, Sprecher der Landesschulinspektoren mutmaßt.

Über einen Kamm

Heißt das also: Alles in Ordnung? "Nein", sagt eine Lehrerin, die an einer HTL in Niederösterreich unterrichtet und nicht namentlich genannt werden will. Die Deutschprofessorin ist mit der Aufgabenstellung bei den Kompensationsprüfungen überhaupt nicht glücklich. "Alle Maturanten, egal ob AHS, HTL oder HAK, erhalten die gleichen Aufgaben. Und das, obwohl meine Schüler technikaffin und meist ,Sprachflüchtlinge‘ sind. Deutsch ist nicht ihre Stärke."

Besonders schwer taten sie sich heuer mit dem ersten Themenpaket, das ihre Schüler nehmen mussten: eine Parabel von Arthur Schnitzler. "Das wurde vor mehr als hundert Jahren geschrieben. Die Sprachen- und Gedankenwelt ist meinen Schülern völlig fremd. Dahingegen war das zweite Themenpaket viel einfacher. Ich frage mich: Wo bleibt da die Chancengleichheit und Vergleichbarkeit?" Am liebsten hätte die Lehrerin die "alte Matura" wieder, zumindest sollte man die Erfahrung der Lehrer, die die Schüler ja kennen, bei der Auswahl der Fragen nutzen.

Zu wenig Fragen

Leopold Mayer, HLW-Direktor in Hollabrunn (NÖ), sieht das nicht ganz so radikal: "Ich glaube, dass sich in fünf Jahren niemand mehr über die Zentralmatura aufregt. Dennoch könnte man einiges besser machen." So gebe es bei den Kompensationsprüfungen zu wenige Fragen.

Was er noch anders machen würde: "Ich finde es schade, dass sich unser differenziertes Schulsystem nicht auch in der Matura widerspiegelt." Hintergrund: Im Fach Mathematik haben z.B. alle berufsbildenden Schulen die gleichen Teil-1-Aufgaben. Und bei den Teil-2-Aufgaben wird zukünftig noch weniger differenziert als bisher.

Nicht glücklich ist Mayer auch mit der Regelung, dass man nicht wie früher mit einem Fünfer im Zeugnis zur Matura antreten kann. "Da würde ich mir eine Änderung wünschen, um den Schülern nicht unnötige Lebenszeit zu stehlen."

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