„Oft fehlt das Verständnis“

An Army nurse takes a blood sample to test for dengue fever at an Army field hospital at Military village in Rio de Janeiro April 8, 2008. Dengue has killed 67 people since January and infected more than 43,500 in Rio de Janeiro state, according to official figures. Last week, Health Minister Jose Temporao blamed a poor disease prevention network and fragile public health system for the crisis. Dengue is a viral disease spread by the Aedes aegypti mosquito and there is no vaccine or drug for it. REUTERS/Sergio Moraes (BRAZIL)
Der 28. 2. ist Welttag der seltenen Erkrankungen. Die Sorgen vieler Familien sind groß.

Verständnis – das findet die Familie von Verena, 19, in ihrem Heimatort in NÖ: Verena hat „Tuberöse Sklerose“, eine Erkrankung, beider es in fast allen Geweben zu gutartigen Tumorbildungen kommt, die auch die geistige Entwicklung beeinträchtigen können. 1000 Menschen in Österreich sind betroffen. Doch in einer fremden Umgebung fehlt dieses Verständnis oft, sagt Verenas Mutter Andrea Schmidt: TS-Kinder können manchmal auch etwas lauter und hyperaktiv sein. „Einmal ging eine Gruppe von Müttern mit ihren Kindern im Rahmen einer Intensiv-Therapie in Wien in ein Lokal essen. Wir mussten warten, unsere Kinder wurden unruhig. Einige Tische weiter saß eine andere Mutter und sagte zu ihrem Kind: ,Wenn du dich so aufführen würdest, hätte ich dich schon lange abgewatscht‘. Diese fehlende Sensibilität tut am meisten weh.“

„Häufig müssen Patienten um die generelle Akzeptanz ihres Leidens, eine kompetente medizinische Versorgung und oft auch um die soziale Absicherung kämpfen“, sagt Rainer Riedl, stv. Obmann des Dachverbandes „Pro Rare Austria: Allianz für seltene Erkrankungen.“ Seine 19-jährige Tochter leidet an der Krankheit der „Schmetterlingskinder“, der Epidermolysis bullosa (ihre Haut ist so verletzlich wie der Flügel eines Schmetterlings). „Sie hat 15 Jahre gewartet, bis sie genau wusste, an welcher Form sie erkrankt ist.“

Demütigend

„Oft fehlt das Verständnis“
Die Probleme zeigt auch eine Umfrage der Gesundheit Österreich GmbH unter betroffenen Familien. „Viele Familien müssen immer wieder bei den Chefärzten um Bewilligungen von Therapien, Kuren, Verbandsmaterialien ansuchen. Das kann sehr demütigend sein“, sagt Riedl: „Eine von Epidermolysis bullosa Betroffene erhielt einmal von einem Chefarzt die Antwort: ,Wenn Sie keinen Krebs haben, bewilligen wir Ihnen keine Lymphdrainage‘ – dabei würde ihr die sehr helfen.“

Notwendig wäre aber auch die Einrichtung von mehr spezialisierten Zentren. „Immer wieder sehen wir Fälle, in denen das Fortschreiten von Tuberöser Sklerose nicht rechtzeitig erkannt wird oder überhaupt nur völlig unzureichende Kontrolluntersuchungen durchgeführt wurden“, sagt Univ.-Prof. Martha Feucht, Leiterin des pädiatrischen Epilepsiezentrums an der MedUni Wien / AKH Wien. Solche Zentren wie am AKH müsste es österreichweit geben.

Ein Vorbildprojekt ist das Spezialzentrum für die „Schmetterlingskrankheit“ in Salzburg. Es wurde – abgesehen von einer Einmalsubvention des Bundes – zum großen Teil aus Spenden finanziert. Hier arbeiten Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen eng zusammen.

Wirksame Therapien gibt es derzeit nur für einen Teil der Erkrankungen. Martin Butzal, medizinischer Direktor von „Novartis Oncology“: „Es gibt aber in vielen Bereichen sehr hoffnungsvolle Forschungsansätze.“

Unsere Entdeckung hat für Aufatmen in der Familie gesorgt, denn endlich weiß sie, woran ihr Sohn leidet“, sagt Mediziner Kaan Boztug von der Uni-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien. Der 13-Jährige leidet an einer schweren Autoimmunerkrankung – sein Immunsystem richtet sich gegen Organe seines Körpers. Einer Forschergruppe der MedUni Wien, des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin der ÖAW und des St.-Anna-Kinderspitals gelang es, die genauen genetischen Ursachen des Defektes zu entschlüsseln. Kinderärztin und Immunologin Elisabeth Förster-Waldl von der Kinderklinik: „Erst wenn man den Mechanismus kennt, lässt sich eine individualisierte Therapie sinnvoll anwenden oder entwickeln.“

Lebererkrankung

Erfolge gibt es auch bei einer noch unheilbaren Lebererkrankung (primär sklerosierende Cholangitis), an der vor allem jüngere Menschen zwischen 30 und 40 erkranken. „Diese Erkrankung ist eines der letzten großen Rätsel in der Hepatologie“, sagt Univ.-Prof. Michael Trauner von der klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien. Jetzt gibt es berechtigte Hoffnungen, dass diese Erkrankung mit Hilfe einer synthetisch hergestellten Gallensäure, die an der Abteilung beforscht wird, geheilt werden könnte.

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