Was junge Männern zu Hooligans macht

Englische junge Männer machen die französischen Straßen zu einem Schlachtfeld.
Fußballrowdys machen in Frankreich Straßen zu einem Schlachtfeld. Das steckt dahinter.

Junge Männer nutzen die EURO als große Bühne. Die Rede ist hier nicht von Fußballern und Torjägern, sondern von jenen, die nach Frankreich gekommen sind, um Krawall zu machen.

Hooligans sind kein neues Phänomen – bereits seit den 60er-Jahren gibt es in England Schlägertrupps, die über die Fans der gegnerischen Mannschaft hergefallen sind. Später schwappte das Phänomen auf den Kontinent, weiß Roman Horak, Fußballfan und Kultursoziologe, der in den 80ern und 90ern die österreichische Hooligan-Szene beobachtet hat.

In der Defensive

Horaks Erkenntnis: "Die jungen Männer merken, dass sie in der Gesellschaft in der Defensive sind. Frauen erobern alle Bereiche der Gesellschaft, die einst vom männlichen Geschlecht dominiert wurde. Jetzt sind sie orientierungslos und defensiv, geben sich aber offensiv." Da wundert es wenig, dass gerade die Engländer das erste Hooligan-Problem hatten – müssen doch die Briten zusehen, wie das einst stolze Empire immer mehr in die Bedeutungslosigkeit versinkt."

Dieser Erklärung kann Thomas Elbert, Neuropsychologe von der Uni Konstanz, nur bedingt etwas abgewinnen. Er geht wissenschaftlich der Frage nach, warum Menschen Lust an Gewalt empfinden. Für ihn ist klar: "Aggressionsbereitschaft ist Teil der menschlichen Biologie." Das erklärt, warum kollektive Gewaltausbrüche kein neues Phänomen sind. Im Gegenteil: "Die gab es schon im alten Rom. Damals gingen diese nicht so glimpflich aus wie heute – es gab meist sehr viele Tote."

Zum Erwachsenwerden gehört, dass die Aggressionen junger Männer genauso geregelt werden müssen wie Drogenkonsum oder Sexualität: "Sex gehört zum Menschen. Doch ob ich ein liebevoller Vater oder ein Vergewaltiger werde, ist nicht vorbestimmt. Wie der Sex ist der Spaß an der Jagd Teil der menschlichen Natur, die es zu kanalisieren gilt. Manche tun das z. B., indem sie Ego-Shooter-Spiele spielen."

Wie im Rausch

Gewalt führt wie Drogen bei vielen zu rauschartigen Zuständen. Danny Brown – Hooligan der ersten Stunde und Anhänger von Aston Villa – hat das in einem Buch, das er in Gefangenschaft geschrieben hat, geschildert. Er fordert: "Steckt uns nicht in Gefängnisse, wir brauchen eher eine Reha für Suchtkranke."

Eine gute Form, die Wut zu kanalisieren, kann ausgerechnet Fußball sein, meint Elbert. "Groß ist die Freude, wenn der Spieler der gegnerischen Mannschaft oder Nation am Boden legt." Mit Sorgen beobachten Soziologen allerdings, dass es oft nicht bei der Freude bleibt, sondern dass Fußballrowdys und Rechtsextreme sich zunehmend vernetzen.

Erziehen

Neuropsychologe Elbert setzt dennoch auf Fußball als Erziehungsprojekt: "Hier lernt ein Bub, zu kämpfen und Regeln einzuüben. Also: So weit darfst du gehen, bis du die Gelbe Karte bekommst. Und die Rote Karte, wenn du es immer noch nicht kapiert hast."

Die Gefahr, Hooligan zu werden, sieht Elbert sehr unterschiedlich: "Es gibt Risikofaktoren, die Männer zu Schlägern werden lassen. Wer als Kind selbst Gewalt erfahren hat, gibt diese oft weiter. Auch Vernachlässigung in der Kindheit können eine Ursache sein, sich einer aggressiven Gruppe anzuschließen, weil diese Zugehörigkeit vermittelt." Das beste Rezept gegen Hooligans sei, sie auszuschließen und ihnen die Rote Karte zu zeigen. "Die Vereine müssen sie des Stadions verweisen und klarmachen: Ihr seid nicht unsere Fans."

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