Was alles auf die Nieren geht

Was alles auf die Nieren geht
Prävention: Bluthochdruck und Diabetes beeinträchtigen die Nierenfunktion. Früherkennung verhindert dramatische Spätschäden.

Das oft augenzwinkernd dahingesagte "Ich hab’ halt ein bisserl zu viel" kann bei Bluthochdruck und Diabetes fatale Folgen für ein wenig beachtetes Organ haben: Beide sind klassische Risikofaktoren für eine eingeschränkte Nierenfunktion bzw. ein Nierenversagen. Bereits zehn bis zwölf Prozent der Bevölkerung leiden darunter – durch höheres Lebensalter ist die Tendenz steigend.

"Das verursacht enorme Kosten für das Gesundheitssystem – von Medikamenten bis zu Dialyse und Nierentransplantationen", betont Univ.-Prof. Alexander Rosenkranz (MedUni Graz) von der Gesellschaft für Nephrologie (Fachgebiet der Inneren Medizin, das sich mit Nierenerkrankungen beschäftigt) . Aufgrund der "fatalen Wechselwirkungen" zwischen Nierenfunktion und Bluthochdruck arbeiten die "Nieren-Fachärzte" eng mit der Gesellschaft für Hypertensiologie (Bluthochdruck) zusammen. Präsident Univ.-Prof. Bruno Watschinger, MedUni Wien: "Im Gegensatz zur Niere ist die Problematik von Bluthochdruck in der Bevölkerung gut bekannt, wird aber gerne verdrängt. Das berühmte ‚Ist eh’ nur ein bisserl zu hoch" addiert sich zu Katastrophen." Für die gemeinsame Jahrestagung beider Gesellschaften am Freitag in Graz wurden deshalb Früherkennung und Prävention ins Zentrum gerückt – für mehr Bewusstsein in Bevölkerung und Ärzteschaft.

Die Früherkennung ist auf die Niere bezogen gar nicht so leicht. "Nierenschäden spürt man nicht", betont Rosenkranz. Sie entwickeln sich schleichend und schmerzlos. "Mit der Zeit ist ein Leistungsverlust bemerkbar, etwa Probleme beim Stiegensteigen." Auch ständig geschwollene Beine können ein Hinweis sein, dass die Nieren ihre lebensnotwendigen Entgiftungsaufgaben nicht mehr optimal erledigen können. Rosenkranz: "Nicht selten kommen Patienten mit nur noch 20 Prozent Nierenfunktion erstmals zu einem Nephrologen." Internationale Daten zeigen jedoch: Je früher Betroffene den Spezialisten konsultieren, desto höher sind die Überlebensraten – auch mit Dialyse.

Schulung

Nicht immer liegt die Schuld für einen verzögerte Therapiestart bei den Patienten. Deshalb setzen Nephrologie- und Hypertensiologie-Gesellschaft auch verstärkt auf die Fortbildung der Kollegenschaft. Bei der Tagung erhalten die ersten 20 Absolventen eines Lehrgangs zum Hypertonie-Spezialisten ihr Diplom. "Wir brauchen die niedergelassenen Internisten und Allgemeinmediziner als wichtige Drehscheibe", betont Watschinger. Denn Blutbild (Bestimmung des Nierenwertes Kreatinin) und Harn (übermäßige Eiweißausscheidung) lassen Rückschlüsse auf die Nierenfunktion zu. Überlegungen der Sozialversicherungen, auch Kreatinin in die Vorsorgeuntersuchungen aufzunehmen, sind "ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung".

Kommentare