Warum vor einer OP ein Blick in die Nase wichtig ist

Richtiges Händewaschen ist nicht so einfach wie oft geglaubt wird.
Einfache Maßnahme könnte Spitalsinfektionen reduzieren.

Es ist ein typischer Fall: "Ein Patient hat Schmerzen im rechten Oberbauch, er wird offen operiert, alles ist gut, aber dann kommt es zu einer Infektion der Wunde, die ursächlich mit der Operation zu tun hat", sagt Univ.-Prof. Ojan Assadian, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH). "Das kann viele Ursachen haben." Nicht alle können verhindert werden. Aber: "Ein Drittel der Bevölkerung hat das Bakterium Staphylococcus aureus in der Nase. Das aber erhöht bei einer Operation das Risiko für eine Infektion bis zum 20-Fachen."

Dies könnte vor einer Operation mit einem Nasenabstrich leicht festgestellt werden: Eine anschließende Therapie – u. a. mit einer keimtötenden Salbe – "kostet nur zehn Euro, wird aber nicht gemacht. Warum? Weil der Nasenabstrich um sechs Euro dem Arzt nicht honoriert wird und die Kassen auch die Medikamentenkosten nicht übernehmen – schließlich ist ja noch kein Schaden eingetreten".

Jeder 20. betroffen

In Europa gibt es jährlich rund 3,2 Millionen Krankenhausinfektionen – jeder 20. Spitalspatient ist davon betroffen. 37.000 Menschen sterben jährlich in der EU an den direkten Folgen – legt man diese Zahl auf Österreich um, wären es 2400 Fälle.

"Ein Drittel der Spitalsinfektionen könnte leicht, ein weiteres Drittel mit etwas Aufwand verhindert werden", sagt Assadian. "Zu sagen, wir liegen im europäischen Mittelfeld und es passt eh, das ist völlig falsch."

"Lach- und kabaretthaft"

Das Wissen, was zu tun ist, ist vorhanden, betont Assadian, aber es mangle an der Umsetzung. So gebe es einen neuen, von hochrangigen Experten verfassten Bericht über Qualitätsstandards für die Krankenhaushygiene. "Das sind jedoch nur Empfehlungen, die die Bundesländer umsetzen können, aber nicht müssen", kritisierte Patientenanwalt Gerald Bachinger: "Aber man überlässt es im Straßenverkehr ja auch nicht dem einzelnen Verkehrsteilnehmer, ob er jetzt im Ortsgebiet mit 50 km/h fahren will oder vielleicht doch nicht." Assadian: "Die Situation bei der Umsetzung von Maßnahmen ist vielfach lachhaft und kabaretthaft."

"Nicht ernst genommen"

Ursula Frohner, Präsidentin des Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, kritisiert, dass die Sonderausbildung im Bereich der Hygiene künftig nicht mehr verpflichtend sein werde und die Entscheidung darüber den Spitalsträgern überlassen bleibe. Auch regelmäßige Schulungen seien enorm wichtig, betont Hygienespezialistin Gerlinde Angerler von der ÖGKH. "Es ist ganz schwer, einmal falsch gelerntes Wissen – etwa zur richtigen Händehygiene – zu überschreiben." Formulierungen wie "Warum muss ein Arzt eine Schulung machen, der kann das ja eh" sollten sich aufhören: "Hygiene wird leider oft nicht ernst genommen."

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