Warum junge Menschen Lehrer werden

Michael Eilmer ist Lehrer aus Berufung.
Vier Beispiele, die zeigen, was den Beruf erstrebenswert macht, und wie motiviert angehende Pädagogen sind.

Zwei gute Gründe Lehrer zu werden? Juli und August. Diesen Witz hören junge Menschen häufig, wenn sie Freunden und Verwandten erzählen, dass sie sich für den Lehrerberuf entschieden haben. Für manche mögen die vielen freien Tage und Nachmittage tatsächlich ausschlaggebend für die Studienwahl sein. Das sind genau die, die das Image des Berufs nicht gerade verbessern.

Ärgerlich ist das besonders für jene, die sich bewusst fürs Unterrichten entscheiden. Der KURIER hat deshalb vier angehenden Lehrer befragt, warum sie die Pädagogik gewählt haben, worauf sie sich freuen und wovor sie sich fürchten.

Michel Eilmer, Quereinsteiger an der NMS

Warum junge Menschen Lehrer werden
Michael Eilmer
Michael Eilmer wusste als er das erste Mal im Klassenzimmer stand: "Genau das ist der Beruf, den ich ergreifen will." Seit vier Jahren unterrichtet der studierte Verfahrenstechniker an der NMS Leipziger Platz in Wien-Brigittenau. Dass er das als Nicht-Pädagoge tun kann, hat er Teach for Austria zu verdanken. Ziel der Organisation ist es, Uniabsolventen aller Studienrichtungen für Schulen zu gewinnen, deren Schüler nicht gerade optimale Startvoraussetzungen fürs Leben haben.

"Seit meinem ersten Tag gab es noch keinen Moment, an dem ich morgens gedacht habe, dass es mich heute nicht freut. Im Gegenteil. Die Arbeit macht mir großen Spaß." Und zwar so sehr, dass er sich jetzt entschlossen hat, noch ein Studium für das Lehramt in Mathematik und Sport anzuhängen. Es war auch der Sport, der ihn auf die Idee gebracht hatte, sich für zwei Jahre für die Schule zu verpflichten. In seiner Freizeit trainiert er eine Landhockey-Jungmannschaft und weiß somit, worauf sich ein Sportlehrer einstellen muss: "Eine gewisse Lautstärke und Schüler, die sich austoben."

Eilmer entscheidet sich bewusst für eine Neue Mittelschule. "Warum auch nicht?", sagt er. "Mag sein, dass die Schüler zum Teil fordernder sind als an einer AHS. Doch das hier ist kein chaotisches Irrenhaus, wie boshafte Zungen behaupten. Die Jugendlichen geben mir das selbe zurück wie andere auch, sobald sie merken, dass du sich für sie einsetzt."

Sicher seien die Voraussetzungen andere. "Ich war in einer AHS und kann nicht auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Auch deshalb ist es eine Herausforderung – das liegt mir aber." Noch etwas spreche für die NMS: "Ich kann Fächer unterrichten, die ich nicht studiert habe, etwa Deutsch, Werken oder Lerncoaching." Jetzt freut er sich darauf, noch mehr über Pädagogik zu lernen, um ein wirklicher Profi zu sein.

Auf die Entscheidung, Lehrer zu werden, haben Freunde unterschiedlich reagiert. "Einige meinten ,cool‘, andere haben mich gefragt, warum ich mir das antue." Für ihn steht fest: "Ich musste erst reifer werden, bis ich für die Pädagogik bereit war."

Dass der Beruf nicht bei jedem ein gutes Image hat, sei traurig. Eilmer plädiert für ein strengeres Auswahlverfahren zu Beginn des Studiums, wie es bei Teach for Austria üblich ist. "Im Studium sollte es früh in die Praxis gehen, wo man an die Grenzen geführt wir. Angehende Pädagogen sollten sich die Fragen stellen, ob sie den Beruf wirklich wollen und ob sie den Anforderungen gewachsen sind. In den Neuen Mittelschulen ist soziale Kompetenz besonders gefragt."

Dass er als Techniker mehr verdienen könnte, stört Michael Eilmer wenig: "Lieber einen Job, mit dem ich glücklich bin und etwas weniger verdiene."

Lisa Weigerstorfer, Volksschullehrerin in spe

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Vier Jahre Büro waren genug. Für die HAK-Absolventin Lisa Weigerstorfer war es an der Zeit, etwas Neues zu wagen: „Ich will einen Beruf ausüben, bei dem ich etwas bewirken kann“, sagt die 24-Jährige. Also zog die Oberösterreicherin nach Wien, um auf die Pädagogische Hochschule zu gehen.

Ihr Ziel ist es, an der Volksschule zu unterrichten: „Die ersten Jahre sind entscheidend für die gesamte Schulzeit. Hier wir die Grundlage gelegt – nicht nur fürs Lernen. Mein Ziel ist es, Kindern ein wertschätzendes, respektvolles Miteinander zu vermitteln und dass Schule Freude bereiten kann.“ Lisa Weigerstorfer freut sich schon auf den Moment, „wenn es richtig losgeht und ich eine eigene Klasse habe. Auch wenn es sicher Zeit braucht, bis ich meinen Rhythmus finde“.

Dass es auch einige Schwierigkeiten zu meistern gilt, ist ihr klar: „Ich möchte gern auf jedes Kind eingehen. Doch ein differenzierter Unterricht ist sicher nicht so einfach, wenn man allein für 25 Kinder verantwortlich ist.“ Nicht nur die Kinder, auch die Eltern können eine Herausforderung werden: „Ich verstehe, dass jeder nur das Beste für sein Kind will. Ich hoffe, dass ich lerne, wie man mit Wünschen und Beschwerden professionell umgeht.“

Die Reaktionen ihres Umfelds auf ihre Berufsentscheidung waren gemischt: „Sie reichten von Bewunderung bis zu Ablehnung. Da spielen bei manchen sicher schlechte Schulerfahrungen mit. Den Kritikern sagte ich, dass das eben meine Entscheidung ist. Das ist genau so zu akzeptieren, wie wenn jemand einen technischen oder wirtschaftlichen Beruf wählt.“

Huda Arab, Lehramtsstudentin für Physik und Chemie

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huda
Als Kind sagte Huda Arab immer, dass sie Ärztin werden will. Doch so nach und nach reifte der Wunsch in ihr, Lehrerin zu werden. „Vor allem Chemie, aber auch Physik haben mich so begeistert, dass ich zukünftig mein Wissen an andere weitergeben will.“ Als sie ihren Eltern sagte, dass sie Lehramt studieren wird, „waren sie anfangs zwar etwas enttäuscht, doch mittlerweile freuen sie sich für mich, dass ich etwas gefunden habe, das mir Freude macht“.

Im Herbst hat die 18-Jährige mit dem Studium begonnen. Dass sie sich als Frau für Naturwissenschaften entschieden hat, ist keine Ausnahme: „In Chemie sind es zur Hälfte Frauen, in Physik schätze ich den Anteil auf rund ein Drittel. Chemie ist mir immer leicht gefallen, so auch jetzt. Physik ist anspruchsvoll und auch sehr mathematiklastig – in beiden Fächern wird ein ziemliches Tempo vorgelegt. Doch wenn man sich anstrengt, schafft man es“, zieht sie am Ende des ersten Semesters Bilanz.

Worauf sich die Studentin am meisten freut? „Auf die Abwechslung. Ich werde unterschiedliche Kollegen und Schüler haben. Besonders freue ich mich aufs Korrigieren von Heften, was sicher lustig und auch spannend sein wird. An den Antworten sehe ich, was bei den Schülern angekommen ist.“

Die größte Herausforderung wird sein, eine ganze Klasse so in den Griff zu bekommen, dass sie die meiste Zeit bei der Sache sind: „Ich hoffe, da bekomme ich an der Uni ausreichend Anleitungen, wie man da vorgeht.“ Als Vorbild für migrantische Schüler will sich Huda nicht unbedingt sehen: „Ich finde, das sollte keinen Unterschied machen.“

Niklas Rafetseder, Historiker mit einem Fuß in der Schule

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junger Lehrer
Seinen Magister hat Niklas Rafetseder in der Tasche. Doch weil er gerade an seiner Doktorarbeit schreibt, wird es noch ein bisschen dauern, bis er als Lehrer arbeitet. Der 25-Jährige ist Historiker. Weil er ein Faible für die Antike hat, hat er Latein als Zweitfach gewählt. Er ist Wissenschaftler und Lehrer in einem. „Es hat seinen Reiz, in beide Welten zu schnuppern.“

Zwanzig Stunden hat Rafetseder während des Studiums unterrichtet. „Mehr Praxis wäre sicher nicht schlecht. Doch es ist besser als nichts“, sagt er. Alles, was er für den Unterricht geplant hatte, sei aufgegangen. Bisher. „Im Alltag wird es eine Herausforderung sein, das weiter so hinzubekommen. Denn zwei Stunden Vorbereitung pro Stunde werden bei einer vollen Lehrverpflichtung wohl nicht immer möglich sein.“

Rafetseder ist Vollbluthistoriker. „Eine Begeisterung für seine Fächer zu haben ist wichtig, wenn man diese weitergeben will“, sagt er. Ihm geht es aber nicht nur um seine Fächer. „Ein guter Lehrer vermittelt eine gute Allgemeinbildung und weiß zu verknüpfen. Ich wünsche mir, dass ich nicht durch den Lehrplan so eingeengt bin und auch über aktuelle Themen reden kann, wenn die Zeit dafür ist. Ich glaube, dass die neue Lehrergeneration hierfür offen ist.“

Dass der Lehrerberuf von manchen belächelt wird, sei nicht okay. „Da können wir von Finnland lernen, wo es ein strenges Auswahlverfahren gibt. Der Lehrer gehört dort deshalb zu den angesehensten Berufen überhaupt.“ Und wie reagiert er auf die Kritik, dass Lehrer viel Urlaub haben? „Ich hätte jedenfalls kein Problem damit, im Sommer vermehrt auf Fortbildung zu gehen.“

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