Warum Eltern auf Privatschulen setzen

Reformpädagogische Konzepte kommen bei vielen Eltern gut an.
Worauf Väter und Mütter achten, um ihren Kindern das ideale Bildungsumfeld zu ermöglichen.

Jedes fünfte Kind in Wien besucht eine Privatschule – österreichweit ist es "nur" jedes zehnte. Der Grund scheint auf der Hand zu liegen: Eltern wählen Schulen, in denen wenig bildungsferne Schüler und wenige mit Migrationshintergrund sitzen. Doch stimmt das? Anne Mautner Markhof, Elternsprecherin der katholischen Schulen, glaubt an andere Kriterien. "Eltern wollen mitentscheiden können und ein Umfeld, in dem sich Kinder geborgen fühlen."

Migranten in Privatschulen

Kinder, die nicht in Österreich geboren sind, gebe es auch in Privatschulen. Besonders viele sind es im Schulzentrum Friesgasse im 15. Wiener Bezirk, wie Charlotte Weinwurm, die dortige Volksschuldirektorin, berichtet: "Wir haben eine bunte Mischung – Kinder mit kroatischen, polnischen oder türkischen Wurzeln lernen bei uns gemeinsam. Fast alle sind am Nachmittag im Hort, wo sie zusammen spielen und Deutsch sprechen."

Das Beispiel Friesgasse zeigt: Die Frage, ob Eltern die Bildung ihrer Kinder wichtig ist, hat nichts damit zu tun, aus welchem Land sie stammen. "Unsere Eltern eint, dass sie ihrem Nachwuchs die bestmögliche Bildung ermöglichen wollen. Dafür nehmen sie oft erhebliche finanzielle Belastungen in Kauf", sagt Weinwurm.

Soziale Trennlinien

Solche bildungsaffinen Eltern sammeln sich nicht nur in Privatschulen. Auch bei den öffentlichen Schulen gibt es Standorte, die so begehrt sind, dass sie jedes Jahr mehr Anmeldungen haben als Plätze. Und das, obwohl sie nicht in den Nobelbezirken wie Döbling oder Hietzing liegen. Ihr Erfolgsrezept sind reformpädagogische Konzepte wie Mehrstufenklassen oder Montessoripädagogik. Die Trennungslinie verläuft also nicht zwischen privaten und öffentlichen Schulen, sondern zwischen jenen Standorten mit aufstiegsorientierten Elternhäusern und jenen mit bildungsferneren Familien. Die Folge: In "Restschulen" sammeln sich die Schüler, die einen ganzen Rucksack an Problemen mit sich bringen.

Warum Eltern auf Privatschulen setzen
Heinrich Himmer, Stadschulratspräsident

Dass viele Eltern diese Schulen meiden, kann Heinrich Himmer, neuer Wiener Stadtschulratspräsident in Wien, sogar verstehen: "Eltern wollen schließlich das Beste für ihr Kind." Er sieht es jetzt als seine Aufgabe, dass Eltern Vertrauen in alle öffentliche Schulen gewinnen. Der Weg dorthin: "Vertrauen gewinnt man nicht durch Argumente, sondern auf persönlicher Ebene. Deshalb müssen wir die Schulen für Besucher öffnen – wenn Eltern und Kinder erleben, was in einer Schule passiert, entscheiden sie sich eher für einen Standort."

Mehr Geld für Problemschulen

Ohne Reformen gehe das natürlich nicht, räumt Himmer ein. "Schulen mit vielen Herausforderungen müssten ganztägig geführt werden. Das ist eine Frage des Budgets, weshalb ich vom Bund mehr Geld für diese Standorte einfordere."

Ob das allein ausreicht, bleibt fraglich. Ex-Direktorin Heidi Schrodt hat sich in dem Buch "Migration und Schule" mit solchen Fragen befasst. Sie weiß, dass das größte Problem in der Neuen Mittelschule besteht. Bildungsbeflissenen Eltern, die wissen, dass ihr Kind von einem Gymnasium überfordert ist, bleibe in Wien fast nur eine Privatschule, die gewährleistet, dass ihre Kinder optimal gefördert werden. "Zudem gibt es natürlich eine gewisse Angst vor dem anderen, um es vorsichtig ausdrücken", heißt: Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder ausschließlich von Migranten umgeben sind. Viele NMS hätten zudem mit Sprachdefiziten ihrer Schüler zu kämpfen. Sie erhalten zwar einiges an Ressourcen – "doch die Lerngruppen sind immer noch zu groß, um den Jugendlichen ausreichend Deutsch beizubringen".

Damit diese Restschulen nicht entstehen, propagiert Himmer die gemeinsame Schule – die Zusammenlegung von NMS und AHS. Ob das die Lösung ist? Vielleicht. Vielleicht wird der Run auf die Privatschulen dadurch aber noch größer.

Konfessionelle Privatschulen wie z.B. katholische oder muslimische Bildungseinrichtungen sind halb privat. Lehrer werden vom Staat bezahlt, die Ausstattung vom Schulträger. Das Schulgeld liegt zwischen 80 und 500 Euro.
Aktuelles

1,2 Mio. Schüler gibt es derzeit in Österreich, davon besuchen 10,4 Prozent eine Privatschule – das ist ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Schuljahr 2005/’06.225 Tausend Schüler sitzen in Wiener Klassenzimmern. 18,6 Prozent gehen in eine Privatschule, das sind 6,9 Prozent mehr als 2005/’06. Die Steigerung ist geringer als im Rest Österreichs.

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