Mangel an Reha-Zentren für Kinder

Die Katharinenhöhe bietet Kreativtherapien ebenso an, wie Behandlungskonzepte in der Kleingruppe mit Gleichaltrigen und der Familie.
Jugendliche profitieren von speziellen Zentren. Vier sind in Österreich geplant – wo, ist noch offen.

Sporthalle, Schwimmbad, Kletterwand, eine Feuerstelle zum Grillen – und die Familie darf auch nicht fehlen. Die Katharinenhöhe im Schwarzwald in Deutschland, eine Rehabilitationsklinik für Kinder mit ihren Familien, Jugendliche und junge Erwachsene, ist auf "familienorientierte Rehabilitation" spezialisiert: "Die Ergebnisse sind deutlich besser, als wenn die Kinder alleine in einer Rehabilitationseinrichtung sind", sagt der ärztliche Leiter Siegfried Sauter. Noch dazu, wenn es sich um eine für Erwachsene handelt, wie es derzeit in Österreich die einzige Option ist: "Die Anforderungen sind bei Kindern ganz andere als bei Erwachsenen."

Mangel an Reha-Zentren für Kinder
Kinderrehabilitation
Im Juli 2014 einigten sich die Sozialversicherung und die Länder auf die Errichtung von vier Kinderreha-Zentren: Neun Monate nach der Finanzierungszusage durch Länder und Sozialversicherung sei die Standort-Frage nach wie vor ungelöst, kritisierte der Gründer und Obmann des Vereines " Initiative Kinderreha", Markus Wieser, im Ö1-Morgenjournal. Dabei habe es im Juli 2014 das Versprechen gegeben, "die Standort-Frage bis zum Frühjahr 2015 zu finalisieren" und die Spatenstiche vorzunehmen.

Wieser – er ist auch Präsident der NÖ Arbeiterkammer – weiß um die Probleme der betroffenen Familien: Eine seiner drei Töchter erkrankte 2008 an akuter myeloischer Leukämie. Ein halbes Jahr war sie im St. Anna Kinderspital, "unter bester medizinischer, psychologischer und pädagogischer Betreuung", erzählt er im KURIER-Gespräch.

"Wir hätten dann anschließend eine Reha in einer Einrichtung im Schwarzwald machen können – haben das aber wie 90 Prozent der Familien mit krebskranken Kindern nicht in Anspruch genommen." Denn bereits der meist lange Spitalsaufenthalt zerreiße die Familien: "Dann noch ins Ausland – das tun sich viele nicht an. Das überfordert die Familien." Hinzu kommt: Die Finanzierung des Auslandsaufenthaltes für die Geschwisterkinder und die Eltern ist oft schwierig, häufig springen Selbsthilfeorganisationen wie die Kinderkrebshilfe ein.

"Im Zeitplan"

Die Vorverhandlungen mit potenziellen Betreibern hätten bereits begonnen, heißt es beim Land Niederösterreich (es hat derzeit den Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz inne). Bis Ende 2015 sollen sie abgeschlossen sein.

"Grundsätzlich sind wir mit diesem Thema im Zeitplan", sagt Hauptverbands-Vorsitzender Peter McDonald. In der zweiten Jahreshälfte sollen die Verträge unter Dach und Fach gebracht werden. Die Kosten von 33 Millionen Euro trägt zu 75 Prozent die Sozialversicherung, knapp ein Viertel (8,5 Mio. Euro) die Bundesländer. Fix ist bis jetzt nur, dass es je ein Zentrum in den Versorgungsregionen Ost (Wien/NÖ/Burgenland), Nord (Salzburg, Oberösterreich), Süd (Steiermark, Kärnten) sowie West (Tirol/Vorarlberg) geben soll.

Wieser: "Ich hoffe, dass sich bald Vernunft im Sinne der Kinder und ihrer Angehörigen durchsetzt. Die derzeitige Situation – dass sich Kinder, wenn überhaupt, gemeinsam mit oft 50- bis 80-Jährigen rehabilitieren müssen – ist unhaltbar."

Info: www.initiative-kinderreha.at

Fakten:

  • 60.000 Kinder bis 18 haben in Österreich jedes Jahr einen Spitalsaufenthalt von mehr als drei Wochen.
  • 10 Prozent dieser Kinder benötigen eine Reha in einem auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Zentrum.
  • 8000 Betten für Kinder und Jugendliche gibt es in Deutschland in mehr als 70 Reha-Einrichtungen. In Österreich gibt es derzeit 52 Betten in Erwachsenen-Einrichtungen.
  • 343 Betten für Kinder und dazu zirka 50 Betten für Angehörige sind in Österreich in vier Zentren geplant.
  • Viele Formen: Die Kinder sind von Erkrankungen aus allen Bereichen betroffen: Etwa Onkologie, Nervensystem, Atemwege, Haut, Stoffwechsel (Diabetes, Adipositas), Psychosomatik.

Schwere Erkrankungen von Kindern belasten die gesamte Familie: "Eine Chemotherapie etwa zieht sich oft über Monate, und für die gesunden Geschwister bleibt da wenig Zeit", weiß Kinderarzt Siegfried Sauter von der Reha-Klinik Katharinenhöhe in Deutschland. "Die Geschwister hören dann von den Eltern, dass sie jetzt funktionieren müssen, und fühlen sich in die zweite Reihe gestellt – und die ,Patientenkinder‘ haben Schuldgefühle, weil sie glauben, die anderen zu belasten und für diese Lage verantwortlich zu sein."

Solche Situationen müssten gemeinsam aufgearbeitet werden, betont Sauter: "Wenn nur das erkrankte Kind mit einem Elternteil in der Reha-Einrichtung ist, verstärkt das solche Schuldgefühle nur."

Auf sich selbst schauen

Aber auch für die Eltern sei ein gemeinsamer Aufenthalt wichtig: "Sie haben ja ihre Gesundheit – und ihre Beziehung – oft vernachlässigt und müssen wieder lernen, auch auf sich selbst zu schauen." So werden medizinische Checks und Therapien speziell auch für die Eltern angeboten – etwa im Bereich Bluthochdruck.

Auf der Katharinenhöhe beginnen immer 32 Familien gleichzeitig die vierwöchige Reha (vier Prozent sind aus Österreich): Es gibt Gesprächsgruppen für Geschwisterkinder ebenso wie für die Patienten und die Eltern. Auch Einzel- und Paartherapie wird angeboten, dazu viele Freizeitaktivitäten. All das stabilisiere Familien nach einer schweren Zeit und helfe, "wieder eine gemeinsame Sprache zu finden", betont Sauter.

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