Sanfte Heilung bei Blasenentzündung

Sanfte Heilung bei Blasenentzündung
In einer Studie wurden zwei Drittel aller Harnwegsinfektionen ohne Antibiotika geheilt.

Braucht es unbedingt Antibiotika, um Blasenentzündungen zu heilen? Oder reicht bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen eine Behandlung mit Schmerzmitteln aus? Wissenschaftler der Universitäten Göttingen, Hannover und Bremen fanden in einer Studie Belege dafür: Rund zwei Drittel der Frauen mit einer unkomplizierten Blasenentzündung wurden ohne Antibiotika und nur mit Schmerzmitteln wieder gesund.

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Die Studie „Sofortige versus bedarfsangepasste Antibiotikatherapie beim unkomplizierten Harnwegsinfekt (ICUTI)“ wurde vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft über vier Jahre mit insgesamt 1,2 Millionen Euro unterstützt. Die Ergebnisse wurden auch in der Fachzeitschrift British Medical Journal online veröffentlicht.

Wege gegen Resistenz

Studienleiterin Ildikó Gágyor erklärt: "Ziel der Studie war es zu prüfen, ob bei unkomplizierten Harnwegsinfekten die Beschwerden allein mit einem Schmerzmittel behandelt werden können, während die Infektion von selbst abheilt. Damit wollten wir auch zu einem rationalen Einsatz von Antibiotika beitragen." Antibiotika werden bei wiederholter Anwendung gegen Krankheitserreger resistent. Auch bislang hilfreiche Antibiotika verlieren dann ihre Wirksamkeit. Um dem entgegenzuwirken, sollten Antibiotika nur verschrieben werden, wenn sie wirklich nötig sind.

Für die Studie wurden 494 Patientinnen in 42 Hausarztpraxen in Norddeutschland von 2012 bis 2014 beobachtet. Berücksichtigt wurden ansonsten gesunde Frauen, die mit typischen Anzeichen eines Harnwegsinfekts wie Brennen beim Wasserlassen und/oder häufigem Wasserlassen ihren Hausarzt aufsuchten. Sie wurden per Zufall einer von zwei Behandlungsgruppen zugeteilt. Eine Gruppe erhielt sofort ein Antibiotikum. Die andere Gruppe bekam ein Medikament, das Schmerzen lindert und die Entzündung hemmt. Die Frauen wurden gebeten, sich bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden wieder in der Praxis vorzustellen. Das Ergebnis: Zwei Drittel der Patientinnen, die mit einem Schmerzmittel behandelt wurden, wurden ohne Antibiotikatherapie gesund. Bei einzelnen Frauen traten Nierenbeckenentzündungen auf. Dies war häufiger in der Gruppe, die nur mit Schmerzmitteln behandelt wurden, statistisch war dieser Unterschied jedoch nicht signifikant. In weiteren Forschungsprojekten wird nun untersucht, wie diese Frauen schon bei einer ersten Vorstellung erkannt und entsprechend behandelt werden können.

Bislang empfehlen internationale Leitlinien für Ärzte zur Behandlung bei Diagnose „Blasenentzündung“ eine sofortige Gabe eines Antibiotikums. „Die Ergebnisse von ICUTI werden die Therapieempfehlungen in der Leitlinie zur Behandlung von Harnwegsinfektionen beeinflussen , die aktuell überarbeitet werden. Die Studienergebnisse stärken die Rolle der nicht antibiotischen Therapiemöglichkeiten für die betroffenen Patientinnen“, sagt Guido Schmiemann von der Universität Bremen.

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