Van der Bellen: Paff Daddy außer Dienst
Alexander Van der Bellen, der ehemalige Bundessprecher der Grünen, der ab September dem Wiener Gemeinderat angehören wird, ist 68 Jahre alt. 50 davon hat der Wirtschaftswissenschaftler geraucht. Zwei Packerl täglich. Zuletzt rote Chesterfield, nix für Rehstreichler. Macht in Summe 730.000 Tschick. Kaufte der Herr Professor heute 36.500 Packerl in der Trafik, müsste er dafür 138.700 Euro zahlen.
Vor 29 Tagen hat Van der Bellen, der wohl prominenteste Raucher des Landes, die letzte Zigarette ausgedämpft. Nicht, weil er von der Weltgesundheitsorganisation gehört hat, dass jedes Jahr fünf Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums sterben, nein. "Ich habe mir immer eingeredet, dass ich ein Genussraucher bin. Bis mich die Sucht überholt hat und die Dosis von 40 Zigaretten am Tag zu gering wurde. Mehr konnte ich aber nicht rauchen, weil ich Kopfweh bekam. Eine Stunde konnte ich ohne Zigarette aushalten. Eineinhalb waren schon fast unmöglich."
Positive Bilder
Gemeinsam mit neun Parteikollegen schrieb sich Van der Bellen in einen Rauch-Entwöhnungskurs ein, das für ihn anfangs gewöhnungsbedürftig war. Kostenpunkt: 350 Euro pro Person. "Die Vortragende hat uns sieben Stunden mit einem aus der Mode gekommenen Frontalvortrag auf Trab gehalten. Aber wir haben ohne Murren durchgehalten und die teils esoterisch angehauchten Übungen mitgemacht." Von den zehn Grünen sind 29 Tage später fünf rauchfrei. Das liegt im Schnitt. Mit 41 % ist das Psychodynamische Modelltraining, das die Grazerin Ursula Grohs entwickelt hat, weltweit die erfolgreichste Methode.
Den Teilnehmern wird weder über die Gesundheitsschiene noch über die Moral eingebläut, wie böse, böse und böse Rauchen ist. Gearbeitet wird nur mit positiven Bildern. "Nikotin ist dein Feind, der sich der Zigarette bedient, um sich bei dir einzuschleichen", erzählt Van der Bellen. "Du glaubst, die Zigarette ist dein Freund. Ein Irrtum! Die Beziehung ist einseitig. Du bist der Zigarette nämlich vollkommen wurscht."
Beim PDM-Selbstcoaching werden die Teilnehmer nach jeder Stunde zum Rauchen geschickt. Zur Entspannung. Zum Nachdenken. Die Aschenbecher werden nicht geleert, die Fenster nicht geöffnet. Mit jedem Zug steigt der Eindruck der Sinnlosigkeit. Am Ende fordert Grohs die Leute auf, sich vom Leid zu verabschieden, die letzte Zigarette zu rauchen, das Packerl in den Mistkübel zu schmeißen und grußlos heimzugehen.
"Die Letzte hat mir nicht mehr geschmeckt. Ich habe nur zwei Züge gemacht und mich mit dem Ausdruck des Bedauerns meiner Sucht entledigt", sagt Van der Bellen, während er im Wiener Café Ritter in den Raucher-Bereich lugt. "Wir könnten auch dort sitzen. Der Rauch stört mich nicht. Ich lege meine Abneigung gegen Puritaner aller Art nicht ab." Dies bedingt, dass er weit davon entfernt ist, den Missionar spielen zu wollen. "Ich bin jetzt kein militanter Nichtraucher und werde mich niemals verführen lassen, einen Raucher zu überreden, aufzuhören. Jeder soll tun, was er für richtig hält." Er hält es für falsch, sich eine Sparkassa aufzustellen, in die man täglich das Zigaretten-Geld wirft. "Weil man dann täglich ans Rauchen erinnert wird."
Ob der Professor über den Berg ist? "Ich denke schon", sagt der 68-Jährige. "Aber ich lasse mir ein Hintertürl offen. Ich kann ja mit 75 wieder anfangen, weil dann ja vielleicht eh schon alles wurscht ist."
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