Übergewicht: Die Gene sind nicht an allem schuld

Die Gene bremsen beim Abnehmen nicht
Spezielle Gen-Varianten erhöhen das Risiko für zu viele Kilos. Abnehmversuche beeinträchtigen sie aber nicht.

Die Gene sind nicht an allem Schuld: Wenn stark übergewichtige Menschen sagen, "es liegt an den Genen", dann ist dieser Zusammenhang tatsächlich nicht ganz falsch. Wer Träger einer speziellen Variante des sogenannten FTO-Gens ist - rund 16 Prozent der Bevölkerung - hat ein im Schnitt um drei Kilo größeres Durchschnittsgewicht wie Menschen ohne dieser Genvariante. Und die Wahrscheinlichkeit für starkes Übergewicht ist um das 1,7-fache erhöht. Diese Risikoerhöhung tritt dann ein, wenn zwei dieser Genkopien (von der Mutter und vom Vater) vorliegen. Auch andere Genvarianten werden mit erhöhtem Übergewichtsrisiko in Verbindung gebracht, beim FTO-Gen scheint dieser Zusammenhang aber am stärksten zu sein.Allerdings: Wer abnehmen will, hat auch als Träger dieser Genvariante keine geringere Erfolgsaussicht.

Geringeres Völlegefühl

Warum Träger dieser Genvariante ein erhöhtes Übergewichtsrisiko haben, ist nicht ganz geklärt: Wahrscheinlich erhöht sie das Verlangen nach kalorienreichen Lebensmitteln und reduziert das Völlegefühl nach einer Mahlzeit. Die Auswirkung auf die Chance, erfolgreich Gewicht abzunehmen, war bisher nicht eindeutig geklärt.

Britische Forscher analysierten acht Studien mit mehr als 9500 übergewichtigen oder fettleibigen Teilnehmern. Bei jedem war untersucht worden, ob er Träger von einer oder zwei Kopien des Risiko-Gens ist. Alle Studienteilnehmer nahmen an speziellen Programmen zur Gewichtsreduktion teil - mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Ernährungsumstellung, Änderung des Bewegungsverhaltens, und auch Unterstützung durch spezielle Medikamente.

Gleiche Erfolgschance beim Abnehmen

Fazit: In keinem Fall war die Erfolgsaussicht von Menschen mit dem "Übergewichtsgen" geringer im Vergleich zu Menschen ohne diese Genvariante.

"Zu unserer Überraschung zeigte sich kein Unterschied bei der Fähigkeit zur Gewichtsabnahme", so Studienautor John Mathers. Auch das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit machten keinen Unterschied.

Was ein heimischer Experte sagt

"Dieses Studienergebnis ist eine sehr positive Nachricht für alle übergewichtigen Menschen mit einer solchen genetischen Ausstattung“, sagt der Stoffwechselspezialist Prim. Univ.-Prof. Bernhard Ludvik.

„Sie sollte jedem Menschen, der übergewichtig ist und abnehmen will, Mut machen.“ Gleichzeitig betont er, dass man den Einfluss der Gene nicht überschätzen dürfe: „Er ist zweifelsohne vorhanden, aber es ist immer eine Kombination von vielen Faktoren, die zu Übergewicht führt.“

Vielfalt der Darmbakterien spielt auch eine Rolle

Auch eine zweite Studie lieferte ein interessantes Ergebnis zum Thema Gewicht und Ernährung.

Sie essen sehr abwechslungsreich, auch viel (ballaststoffreiches) Gemüse und Obst? Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Bakterienvielfalt im Darm. Und die wiederum hat offenbar einen direkten Einfluss auf die Fettverteilung in ihrem Körper.

Vereinfacht gesagt: Je höher die Bakterienvielfalt im Darm, desto geringer das Risiko für das gefährliche Fett im Bauchbereich (viszerales Fett). Denn dieses befördert entzündliche Prozesse und ist ein starker Risikofaktor für Herzgefäßerkrankungen und Diabetes. Das zeigt jetzt eine Studie von Forschern des King’s College in London. Dafür wurden Stuhlproben von mehr als 3600 Zwillingen analysiert.

Warum dieser Zusammenhang besteht, ist nicht eindeutig erforscht.

Eine mögliche Erklärung: Bei einer geringen Bakterienvielfalt im Darm setzen sich jene Organismen durch, die Kohlenhydrate gut in Fett umwandeln können – dadurch die verstärkte Fetteinlagerung im Bauchbereich.

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