Türkei wirbt um Operationstouristen

Türkei wirbt um Operationstouristen
Augenkliniken in Antalya und Istanbul werben um Patienten aus Österreich. Ein Arzt kritisiert aber Mängel bei der Aufklärung.

Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, Ihre Gesundheit zurückzuerlangen und zugleich Urlaub zu machen." So bewirbt eine türkische Augenklinik in Antalya ihre Angebote: Ein "all inclusive package" um 1300 Euro umfasst nicht nur die Lasik-Operation zur Korrektur der Fehlsichtigkeit, sondern auch sechs Übernachtungen im Krankenhaus, "kostenlosen Shuttle-Service zu den Stränden" sowie Frühstück, Mittag- und Abendessen. In Österreich kostet eine Lasik-Operation für ein Auge in der Regel bis zum Doppelten.

Derartige Angebote von Kliniken in Istanbul und Antalya häufen sich. "Die türkischen Ärzte sind sehr gut, und die Kliniken sind auch sehr gut ausgestattet", sagt der Innsbrucker Augenarzt Univ.-Prof. Mathias Zirm. "Trotzdem sehe ich diesen Operationstourismus sehr, sehr kritisch."

Denn mit der Kombination von Operation und Urlaub würden viele Patienten geködert, ohne sich vorher näher zu informieren: "Und ich kenne niemanden, der ohne Operation zurückgekommen ist. In Österreich hingegen ist es an der Tagesordnung, dass wir nicht jeden Patienten sofort operieren." Und darin liege das große Problem: "Das Operationsverfahren ist nicht schlechter als bei uns. Mängel gibt es aus meiner Sicht bei der Aufklärung und der Auswahl der Patienten."

"Nichts gespürt"

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Zirm kann sich an konkrete Beispiele von Patienten erinnern, die sich in Istanbul behandeln ließen und nach dem Auftreten von Beschwerden zu ihm kamen: Eine Tochter begleitete ihren Vater nach Istanbul, ohne Absicht, sich auch operieren zu lassen. Der Vater kam aus dem Behandlungszimmer heraus und sagte: "Willst du es nicht auch machen lassen? Ich habe gar nichts gespürt." Zirm: "Das Problem war nur: Seine Tochter hatte einen Keratokonus (Hornhautkegel, eine Verformung und langsame Ausdünnung der Hornhaut, Anm.) . Bei dieser Hornhaut­erkrankung darf man nicht lasern, weil die Hornhaut sonst instabil werden kann. In der Türkei wurde sie trotzdem operiert."

Eine andere Patientin hatte nur auf einem Auge einen Keratokonus: "In Istanbul wurde sie zwar nur auf dem anderen, gesunden Auge operiert – aber auch das hätte ich nie gemacht: Denn einige Zeit später erkrankte auch das gelaserte Auge. Und das kann man nie ausschließen, wenn bereits ein Auge betroffen ist", sagt Zirm .

Bei dieser schnellen "Rein-/Raus-Medizin" bleibe nicht nur die Menschlichkeit auf der Strecke: "Es fehlt auch die Zeit, Risikofaktoren zu erkennen." Harte Kontaktlinsen sollten drei Wochen vor der OP nicht getragen werden: "Wer kontrolliert das in der Türkei? Kein Arzt wird sie nach Österreich zurückschicken, wenn diese Frist nicht eingehalten wurde." Und auch beim Ausmaß der Fehlsichtigkeit, das operiert wird, seien heimische Zentren strenger. "Deshalb empfehle ich, sich vorab in Österreich beraten zu lassen. Bei uns zum Beispiel ist das auch über das Internet auf www.zirm.net möglich."

Das Komplikationsrisiko bei Lasik sei international mit 0,4 Prozent der Eingriffe zwar sehr gering – es handle sich um eine der sichersten Operationen, betont Zirm: "Aber wenn doch einmal Probleme auftreten, ist es nicht so einfach, von Österreich aus Ansprüche in der Türkei durchzusetzen."

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Ein Implantat im Auge gegen Entzündungen

Es ist nur sechs Millimeter lang und einen halben Millimeter dick: Ein Implantat für Patienten mit einer chronischen, nicht-infektiösen Augenentzündung oder einer durch einen Venenverschluss im Auge verursachten Netzhautschwellung.

"Auf dem Stäbchen befindet sich ein hochdosiertes Kortisonpräparat, das über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten abgegeben wird", erklärt Univ.-Prof. Matthias Zirm. Das Implantat wird mit einem speziellen Applikator durch den Glaskörper direkt in den hinteren Teil des Auges eingebracht.

"Eine meiner Patientinnen litt über zehn Jahre hindurch immer wieder an einer Netzhautentzündung", erzählt Zirm: "In solchen Phasen musste ich ihr wochenlang immer wieder Kortison neben das Auge injizieren – und sie musste auch Kortisontabletten schlucken. Ihre Sehfähigkeit war durch die ständigen Entzündungen deutlich eingeschränkt. Vier Tage, nachdem ich ihr das Stäbchen implantiert hatte, war die Entzündung weg – sie ist jetzt bereits ein Dreivierteljahr symptomfrei, ihre ehemalige Sehleistung ist wiederhergestellt." Mit diesem Implantat erziele man im Auge eine rund zehn Mal so hohe Kortison-Konzentration wie mit einer Injektion neben das Auge: "Bei dieser hält die natürliche Barrierefunktion des Auges einen Großteil der Substanz zurück."

Zukunft 

Künftig könnte dieses Implantat auch eine Therapiemöglichkeit bei der feuchten Makuladegeneration sein – noch ist es dafür nicht zugelassen. "Aber die Veränderungen im Auge sind ähnlich wie bei einem Venenverschluss – es kommt zu einer überschießenden Neubildung von Gefäßen, einer Netzhautschwellung und einer Flüssigkeitsansammlung. Das hochdosierte Kortison trocknet die Flüssigkeit auf und reduziert die Netzhautschwellung."

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