Tuberkulose:"Österreicher müssen sich nicht fürchten"

Tuberkulose-Bakterium: Robert Koch machte seine Entdeckug 1882 öffentlich.
Trotz leichtem Anstieg der Erkrankungsfälle im Vorjahr besteht kein Grund zur Beunruhigung, sagen Experten; Eine Infektion ist nur bei engem Kontakt über Stunden hinweg in engen Räumen möglich.

„Die Österreicher müssen sich nicht vor Tuberkulose fürchten.“ Österreichs führende Experten für diese Erkrankung entwarnen: Zwar gab es 2016 einen geringen Anstieg an Neuerkrankungen – von 583 Fällen im Jahr 2015 auf 644 Fälle im Jahr 2016 (2005 waren es 1007).

Aber niemand müsse Angst haben, etwa auf offener Straße oder bei üblichen sozialen Kontakten infiziert zu werden, sagt Hygiene-Facharzt Alexander Indra, Leiter des Instituts für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit). „Für eine Ansteckung mit TB ist über Stunden oder Tage hinweg ein enger Kontakt mit dem Betroffenen in engen, schlecht belüfteten Räumen notwendig, nur durch Huster auf der Straße steckt man sich nicht an.“ Ein kurzer Kontakt – vor allem im Freien – sei praktisch immer gefahrlos. Am 24.3. ist Welttuberkulosetag.

Erfolg bei Behandlung

Eine weitere gute Nachricht: Österreich zählt europaweit zu den Ländern mit der niedrigsten TB-Rate pro 100.000 Einwohner. Indra: „Bei den Patienten mit österreichischer Staatsbürgerschaft gibt es seit 1997 einen kontinuierlichen Rückgang der Erkrankungszahlen. Bei anderen Staatsangehörigen zeigt sich ein gewisses Auf und Ab von Jahr zu Jahr, aber insgesamt auch ein kontinuierlicher Rückgang.“ Wenn man sich die Entwicklung seit 1954 ansehe, dann sei man bei den TB-Infektionen in Österreich „heute in einer Talsohle“.

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Tuberkulose:"Österreicher müssen sich nicht fürchten"
Ein Teil des Anstiegs im Vorjahr scheint mit der erhöhten Migrationsbewegung zusammenzuhängen. Menschen auf der Flucht stecken sich am ehesten in Massenquartieren vor der Migration nach Österreich an. „Mir ist kein Fall bekannt, dass sich in Österreich eine Betreuungsperson infiziert hat“, sagt TB-Spezialist Rudolf Rumetshofer von der 2. Internen Lungenabteilung am Otto-Wagner-Spital in Wien. Dort befindet sich auch die Tuberkulose-Station Severin. In Österreich wird jeder Tuberkulose-Fall erfasst, alle Personen, die mit dem Infizierten Kontakt hatten, werden ebenfalls untersucht und beobachtet. Indra: „Jeder behandelte Patient ist einer, der in Zukunft niemanden anstecken kann.“

DNA-Profil der Erreger

Die AGES ist die Nationale Referenzzentrale für Tuberkulose. Sie erstellt von jeder Bakterienprobe einen genetischen Fingerabdruck: So wird erkannt, welche Infektionen miteinander in Verbindung stehen und Übertragungswege abzuklären. Möglich machen dies moderne Methoden zur Entschlüsselung der genetischen Bausteine der Bakterien. Indra: „Österreich ist eines der wenigen Länder, die diese Methoden schon routinemäßig nutzen. Wir haben in Österreich ein sehr engmaschiges Überwachungsnetz, mit dem Tuberkulosefälle schnell entdeckt werden.“ Auch für die Wahl der Therapie sind diese Gen-Analysen wichtig.

Ob jemand überhaupt mit Tuberkulose infiziert ist oder nicht, kann heute „im besten Fall innerhalb von zwei Stunden festgestellt werden“, sagt Rumetshofer.

"Gefährlichste Infektionskrankheit"

Weltweit ist TB „eine der gefährlichsten, wenn nicht die gefährlichste Infektionskrankheit“, sagt Meinhard Kneussl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie: „In Mitteleuropa ist die Erkrankungsrate zwar rückläufig, aber weltweit erkranken daran jährlich mehr als 10 Millionen Menschen.“ Jeder dritte Mensch weltweit ist mit TB-Erregern infiziert, ohne aber erkrankt zu sein.

International sind Tuberkulose-Erreger, die gegen viele Medikamente resistent sind, ein zunehmendes Problem. Beim Behandlungserfolg solcher Patienten liegt Österreich nach den Niederlanden und Belgien aber europaweit an dritter Stelle. Bisher gab es nur zwei Patienten in Österreich, bei denen gar keine Therapie mehr wirkte. Sie sind – isoliert von anderen Patienten – im Spital verstorben.

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