Treue Begleiterinnen durch die Schwangerschaft
Die meisten schwangeren Frauen lernen ihre Hebamme erst kurz vor der Geburt kennen. Eine freie Hebamme schon früh in der Schwangerschaft zu engagieren, ist für viele ein finanzieller Gewaltakt: Die Krankenkassen ersetzen die anfallenden Kosten nur zum Teil.
„Die Schwangerenbetreuung ist in Österreich noch immer ein Stiefkind“, sagen Doris Ruthensteiner und Johanna Sengschmid vom Hebammengremium Wien. Dabei hätte das Modell Vorteile. „Man baut ein anderes Verhältnis auf, wenn man einander öfters als nur bei der Geburt sieht“, sagt Heidi Achter, die bereits seit 1977 als Hebamme tätig ist. Die Frauen könnten richtiggehend ankommen. „Je früher wir die Frauen erreichen, desto besser können wir Nöte und Sorgen, aber auch Ressourcen und Kräfte der Schwangeren wahrnehmen.“ Besonders in der frühen Schwangerschaft seien Frauen sehr aufnahmefähig, um Ratschläge und Tipps umzusetzen. Freilich: „Vieles können auch wir nicht ändern. Aber wir können die Frauen stärken, damit sie die richtigen Entscheidungen für sich treffen.“
Studienergebnisse
Diese Erfahrungen aus der Praxis decken sich auch mit den Ergebnissen des „Pilotinnenprojekts“ des „Vereins freier Hebammen“. 190 Datensätze wurden ausgewertet. Das Hauptergebnis der Befragung großteils Erstgebärender ist die große Zufriedenheit, vor allem mit der persönlichen Erreichbarkeit der Hebamme zu jeder Zeit. Projektleiterin Regina Zsivkovits: „Die heutige Zeit verlangt in dieser verunsicherten Phase des Lebens nach sicheren persönlich Verantwortlichen, die Fragen beantworten oder auch stellen.“ Auch wenn „das Gespräch Vorrang“ hatte, waren den Frauen die berührenden Momente, für die immer weniger Zeit bleibt, wichtig. Der Körper verändert sich während einer Schwangerschaft so elementar wie sonst kaum im Frauenleben.
„Hauptwerkzeuge einer Hebamme sind ihre Hände“, sagt Zsivkovits. „Das Bauchabtasten und Herztöne horchen mit dem Hörrohr zählen für alle Beteiligten zu den beglückendsten Momenten.“ Deshalb gehört das Abtasten auch zu den Projekteckpfeilern. Und auch nach der Geburt und im Wochenbett fühlten sich die Teilnehmerinnen besser informiert – obwohl nur eine Betreuung während der Schwangerschaft vorgesehen wird.
Das Projekt, das noch ein weiteres Jahr von der deutschen Stiftung Auerbach finanziert wird, half auch den Hebammen zur Selbstreflexion. „Anfangs war der Wunsch durchaus da, zu zeigen, dass es ‚nur‘ die Einbindung einer Hebamme braucht, um die Kaiserschnittrate zu senken.“ Mit 30 Prozent liege man aber genau im österreichischen Durchschnitt. „Das zeigt, dass wir wirklich den Durchschnitt der gebärenden Frauen erfasst haben.“
Verschiedene Modelle mit Hebammen
Auswahl Wer sich zu einer Entbindung im Krankenhaus anmeldet, hat keine zusätzlichen Kosten zu tragen. Freilich sind darin keine Hausbesuche oder Nachbetreuung durch Hebammen vorgesehen. Wer eine Hebamme einbinden will, kann aus mehreren Modellen wählen.
Geburtsbegleitung durch selbst gewählte Hebamme im Spital. Die Kosten liegen zwischen 950 bis 1100 Euro und umfassen Spitalsbegleitung sowie Rufbereitschaft drei Wochen vor und zwei Wochen nach der Geburt.
Hausgeburt Die Pauschale umfasst Schwangerschaftsbetreuung, Geburt und Wochenbettbetreuung und kostet rund 1800 Euro. Hier refundieren die Krankenkassen ca. 900 Euro.
Ambulante Geburt Man verlässt das Spital bald nach der Geburt, die Hebamme kommt täglich nach Hause. Die Kosten für die Hausbesuche (je ca. 80 €) werden von den Kassen zum Teil ersetzt.
Kommentare