Wir leben gegen die innere Uhr

Lange Spaziergänge bei jedem Wetter helfen gegen die schlechte Stimmung. Die frische Luft sorgt für einen erholsamen Schlaf
In der lichtarmen Zeit fühlen sich viele müde. Was zur Krankheit werden kann.

Der 20. Dezember hat als kürzester Tag des Jahres nur acht Stunden Licht. Halb so viel wie der längste Tag. Trotzdem führen wir annähernd das gleiche Leben. Was dem Körper wegen des mangelnden Lichtes zusetzt – daher fühlen sich viele müde und erschöpft.

Der deutsche Chronobiologe Till Roenneberg sieht das Problem im Lebenswandel: „Die meisten Menschen sind es nicht mehr gewöhnt, den jeweiligen Jahreszeiten angepasst zu leben. Sie wollen jederzeit topfit und aktiv sein.“ Eine falsche Einstellung, weil wir mit der Jahresstruktur leben sollten, also im Winter mehr schlafen. „Man sollte versuchen, seinem Schlafbedürfnis nachzugeben und akzeptieren, dass man schlapp ist und Ruhe braucht.“

Menschen, die sich derzeit besonders niedergeschlagen fühlen, empfiehlt Roenneberg, an der frischen Luft spazieren zu gehen. Denn Tageslicht ist auch bei schlechtem Wetter 500 bis 1000 Mal intensiver als künstliches Licht. „Wenn man viel rausgeht, kann man nicht nur der schlechten Stimmung entgegenarbeiten, sondern am Abend besser schlafen.“

Winterdepression

Menschen, die an einer saisonal abhängigen Depression (SAD) leiden, sollten allerdings professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Aufgrund der lichtarmen Zeit produzieren die Zellen im Körper weniger Serotonin. Dieses wird über die innere Uhr im Körper ausgeschüttet, die vom ins Auge fallenden Licht gesteuert wird. Bei wenig Licht gerät die innere Uhr aus dem Takt.

Als SAD-Patient gilt, wer in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unter den Symptomen leidet. Psychiaterin Edda Winkler-Pjrek, Leiterin der Spezialambulanz für Herbst-Winter-Depression im Wiener AKH, zählt auf: „Symptome sind Antriebslosigkeit, Tagesmüdigkeit, Interessens- und Freudlosigkeit, depressive Stimmungslage und Appetit auf kohlenhydratreiche Nahrungsmittel.“ Weil der Körper zu dieser Zeit mehr Kohlenhydrate verlangt, backen wir in der Weihnachtszeit auch so gerne. Roenneberg: „Sie sind schnelle Energienahrung.“

Lichttherapie

Laut Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der MedUni Wien leiden rund 200.000 Österreicher an einer solchen Herbst-Winter-Depression. Ihnen allen kann – oft als Unterstützung einer medikamentösen Behandlung – eine Lichttherapie helfen. Medizinische Lampen mit einer Intensität von 10.000 Lux simulieren das Licht eines hellen Sonnentages.

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