Therapie mit der Extraportion Licht

Therapie mit der Extraportion Licht
Fünf Prozent der Bevölkerung leiden an einer saisonalen Depression. Die Diagnose soll leichter werden.

Wie erdrückend Dunkelheit sein kann, erlebte Sandra L., 25, während eines Auslandssemesters in Schweden: "Um 15 Uhr wurde es schon dunkelste Nacht – und das bis in den März!" In dieser Zeit fühlte sich die Studentin oft niedergeschlagen und "sehr träge. Ich habe es wie die Schweden gemacht und Lampen und Kerzen aufs Fensterbrett gestellt."

Zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung leiden unter einer saisonal abhängigen Depression (SAD). "Ab November nehmen die Patientenzahlen stark zu. Das dauert etwa bis Weihnachten an und nimmt dann wieder spürbar ab", sagt Prof. Edda Winkler-Pjrek. Die Psychiaterin leitet die Spezialambulanz für Herbst-Winter-Depressionen im Wiener AKH / MedUni Wien (01/40400/3547). Abhilfe bietet die tägliche Extraportion Licht, die über medizinische Lichtlampen zugeführt wird.

Lichtintensität

Die Lampen arbeiten mit einer Lichtintensität von 10.000 Lux und simulieren das Licht eines hellen Sonnentages. Im Sommer sind im Freien sogar bis zu 80.000 Lux möglich. Licht reguliert auch die Melatonin-Ausschüttung und damit unseren Schlaf-Wach-Rhythmus (Grafik) . Winkler-Pjrek: "Der Grund für SAD ist eine verspätete Melatonin­ausschüttung auch untertags." Erst bei deutlich über 400 Lux gibt das Gehirn das Signal, die Melatoninproduktion einzustellen – ein Wert, dem man im Winter aber nicht ausgesetzt ist, wenn man erst abends das Büro verlässt. Als Folge kann es zur saisonalen Depression kommen, so Winkler-Pjrek.

"Hauptsymptome sind Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und sozialer Rückzug. Auch erhöhtes Schlafbedürfnis und Heißhunger auf Kohlenhydrate sind möglich." Ob es sich tatsächlich um krankheitswertige Symptome handelt wird mittels psychologischer Tests festgestellt. "Die Symptome müssen mindestens in zwei aufeinander folgenden Jahren auftreten und ab Februar, März abflauen."

Therapie mit der Extraportion Licht

Heuer wird erstmals am Wiener AKH einigen Patienten vor und nach der Lichttherapie eine PET-Untersuchung (Positronen-Emissions-Tomografie) angeboten. "Wir hoffen damit objektivieren zu können, ob durch Lichttherapie bestimmte Neurotransmittersysteme günstig verändert werden können."

Das noch junge Gebiet SAD wird auch intensiv beforscht.Im Gegensatz zu anderen ausgefallenen Methoden wie aktuell etwa Licht-Ohrstöpsel oder Lichtschirme sei die Wirkung der Lichtlampen gesichert und ihr Einsatz wissenschaftlich etabliert. Über die Haut, etwa im Solarium, wirkt die Lichttherapie nach derzeitigem Wissensstand nicht. "Auch wenn man sich subjektiv wohler fühlt."

Tipps: Was man gegen das Tief tun kann

  • Tageslicht tanken: Auch an einem nebeligen Tag erreichen 2000 Lux unser Auge und regen die Produktion des Glückshormons Serotonin an. Mindestens eine halbe Stunde täglich im Hellen unterwegs zu sein, hilft.
  • Kreislauf ankurbeln: Mit Bewegung oder Kneippgüssen bringt man seinen Kreislauf auf Trab und kann die trübe Stimmung vertreiben.
  • Tag strukturieren: Der biologische Rhythmus ist ohnehin schon durcheinander. Sich etwa im Bett zu verkriechen, verstärkt diesen Effekt – auch wenn es noch so verlockend erscheint.
  • Glücksmomente schaffen: Seiner Seele regelmäßig Gutes zu tun, erhöht das Wohlbefinden (nicht nur bei SAD-Patienten), etwa Massagen oder lesen.

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