Humor statt erhobener Zeigefinger

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Wie ein Ex-Alkoholiker jungen Menschen ein ernstes Thema anschaulich nahebringt.

Irgendwas mit Alkohol“ soll das Programm sein, das im großen Saal der Wiener Berufsschule für Haar und Körperpflege aufgeführt wird. „Alkohol hat Gefahren, aber keiner redet drüber“, sagt der ganz in schwarz gekleidete Mann auf der kleinen Bühne. Ja, eh. Bei der Frage, wer schon einmal Alkohol getrunken habe, zeigen fast alle auf. Rund ein Dutzend hatte bereite einen „richtigen Fetzen“. Nur vier haben noch nie getrunken. Ein wenig zeigt sich ein Anflug von Langeweile auf den Gesichtern der etwa 100 16- bis 18-Jährigen.

Als sich Josef Burger dann aber Alkoholwerbungen vorknöpft, ist die schnell vorbei. Er sagt zum Beispiel: „Auf Vollrausch findet man sicher nicht den Traumpartner, aber die Werbung mit lachenden Trinkern will uns genau das vormachen. Ich kenn’ jedenfalls keinen, der sagt: Mah, du stinkst so toll ausm Mund.“ Oder: „Bei solchen Bildern vergisst man leicht, dass regelmäßiger Alkoholkonsum schiach macht.“

Dass die rund 100 Jugendlichen während seines knapp einstündigen Auftritts immer wieder lachen, kichern oder prusten, ist mehr als erwünscht. Mit Witz, Überspitzungen und Augenzwinkern widmet sich der Ex-Polizist dem brisanten Thema Alkoholkonsum und Suchtverhalten. Aber darf man über so ein ernstes Thema überhaupt Witze machen? Burger ist überzeugt: „Man muss sogar zuerst darüber lachen.“ Mit erhobenem Zeigefinger seien gerade Jugendliche schwer zu erreichen. Mit Humor und teils deftigen Vergleichen könne man sich der Problematik hingegen besser annähern.

Josef Burger spricht einmal wie ein schwerer Trankler, ein anderes Mal imitiert er eine bürgerliche Dame mit leichtem Damenspitzerl. Er gestikuliert und redet wie ein Betrunkener. Und er erzählt den Schülern von sich selbst. Von seinem Leben als schwerer Alkoholiker. Der „hineinschlitterte“, weil er Alkohol als Problemlöser missbrauchte und dadurch Job, Familie und Wohnung verlor. „Ich hab’ mehr als zehn Jahre gesoffen, viele davon sehr schwer. Sich selbst zu belügen, ist der erste Weg in die Sucht.“

Trinkerkarriere

Er berichtet von mehrtägigen Trinkpausen, die er durchaus schaffte – um sich gleich wieder heftig „niederzuschweißen“. Gleichzeitig entlarvt er dieses Muster: „Keiner würde sagen, ich trink’ jetzt drei Tage kein Mineralwasser, um danach extrem viel davon zu trinken.“ Seine Geschichte bewegt die Zuhörer, es ist mucksmäuschenstill im Saal. Und dann kommt wieder so ein Schmäh, der picken bleibt. „Zuletzt war ich obdachlos und hab’ auch auf U-Bahn-Klos geschlafen. Die sind im Winter beheizt. Falls jemand hier diese Karriere anstrebt.“

Irgendwann, als er völlig am Boden lag, entschied er sich zum Entzug und zu einer Therapie. „Ich lernte dabei, dass ich immer leben wollte. Aber selbst nicht wusste, wie ich wegkomme.“

Sein Weg beschäftigt die jungen Zuhörer in der anschließenden Diskussionsrunde. „Glauben Sie, Sie werden wieder süchtig, wenn Sie einmal ein Bier trinken?“ (Ja, weil er nicht mehr aufhören könnte.) – „Hat Ihnen Alkohol schon immer geschmeckt?“ (Nein, viele Geschmäcker werden erlernt.) – „Haben Sie nie Lust, etwas zu trinken?“ Als er betont, anfangs „rund um die Uhr“ Gusto gehabt zu haben, herrscht nachdenkliches Schweigen. „Mittlerweile habe ich aber einen anderen Umgang damit. Für jeden gibt es Dinge, die total entspannen, man muss sich nur darauf einlassen. Für mich sind das Tiere.“ Zudem wolle er die zweite Chance, die ihm seine Familie gab, keinesfalls aufs Spiel setzen.

Was die Jugendlichen ebenso beschäftigt: Wie kann man einen Freund auf seinen bedenklichen Alkoholkonsum hinweisen. In solchen Fällen empfiehlt Josef Burger, nicht wegzuschauen, sondern „immer wieder auf das Problem hinweisen. Wichtig ist aber auch, dass man auf sich selber schaut, damit man nicht emotional draufgeht.“

Programm „100 Prozent rauschfrei“

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