Mädchen (6) mit SOS-Geste: Die wichtigsten Tipps für Eltern

Ein Kind hält die offene Handfläche nach vorne, während ein weiteres Kind daneben steht.
Der Hilferuf einer Sechsjährigen in Wien macht deutlich, wie wichtig es ist, dass Eltern ihren Kindern beibringen, sich in gefährlichen Situationen zu schützen.

Ausgehend von Berichten über den mutigen Hilferuf einer Sechsjährigen in Wien (der KURIER berichtete) fragen sich viele Eltern aktuell, wie sie ihren Kindern Hilfezeichen oder Notgesten näherbringen können – und ab welchem Alter ein Austausch über Sicherheit und Schutzstrategien überhaupt angebracht ist.

"Grundsätzlich kann man schon mit Kleinkindern darüber sprechen, wie sich andere Menschen – Kinder, aber selbstverständlich auch Erwachsene – einem gegenüber verhalten dürfen. Und was nicht okay ist", schickt Kinderpsychologin Karoline Wekerle voraus.

Aktives Hilfesuchen sollte vom oft verpönten Verpetzen abgegrenzt werden

Die Expertin rät, die Aufklärung in alltägliche Situationen einfließen zu lassen. "Man sollte als Elternteil benennen, was in Ordnung und was eine Grenzverletzung ist – und wie man gut darauf reagieren und sich schützen kann."

Ist ein anderes Kind grob, "kann man dem Kind vermitteln, als Reaktion darauf 'Stopp' zu sagen und das mit einer entsprechenden Geste zu unterstreichen", nennt die Psychologin ein Beispiel. In bedrohlichen Situationen mit fremden oder auch bekannten Erwachsenen sollte Kindern beigebracht werden, dass man sich nicht scheuen muss, laut um Hilfe zu rufen.

Wichtig sei, Kindern bewusst zu machen, dass sie sich in schwierigen Situationen immer an Vertrauenspersonen, die Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen oder Polizei und Rettungskräfte, wenden können. Aktives Hilfesuchen sollte vom oft verpönten Verpetzen abgegrenzt werden. "Kinder müssen wissen, dass man sich nicht dafür schämen muss, zu sagen, was man braucht", erläutert Wekerle.

Unterstützung aus Kinderbüchern

Wenn Eltern der Austausch darüber schwerfällt, empfiehlt Wekerle, sich Anleitungen aus Kinderbüchern oder hochwertigen Info-Formaten für Kinder zu holen. Auch Hotlines wie Rat auf Draht (147) können beratend zur Seite stehen. 

Das angeeignete Wissen kann spielerisch in Rollenspielen mit Playmobilfiguren, Kuscheltieren oder Puppen vertieft werden. 

Konkrete Hilfe-Handzeichen können jedenfalls ab dem Volksschulalter vermittelt werden. "Mit dem Hinweis, dass diese insbesondere dann hilfreich sind, wenn man in Gefahr ist und nicht sprechen kann."

Balanceakt zwischen Wissensvermittlung und Panikmache

Wesentlich sei laut Wekerle, den Balanceakt zwischen präventiver Wissensvermittlung und Panikmache zu meistern. "Man sollte sich behutsam an das Thema herantasten, pragmatisch bleiben und keine Ängste beim Kind schüren, sondern Sicherheit geben." Die Psychologin empfiehlt, sich von der Reaktion des Kindes leiten zu lassen: "Man sollte Fragen in altersadäquater Sprache beantworten, sich dem Kind aber nicht aufdrängen."

Wenn Kinder oder Jugendliche den aktuellen Vorfall zu Hause ansprechen, weil sie in klassischen oder sozialen Medien davon erfahren haben, sollten Eltern darauf eingehen: "Man kann offen und interessiert nachfragen, welche Fragen aufgetaucht sind, was Unsicherheiten auslöst – und das Kind nicht sich selbst und seiner Fantasie überlassen."

In der Auseinandersetzung können auch bei Müttern und Vätern unangenehme Gefühle auftauchen. "Auch Eltern haben Ängste, die durch aktuelle Ereignisse oder multiple Krisen weltweit bedient werden", sagt Wekerle, die dafür plädiert "mutig in die Konfrontation mit dem eigenen Unbehagen zu gehen".

In belasteten Familien könne das aktuelle Ereignis ein positiver Trigger sein: "Und zeigen, dass Gewaltsituationen auch gut ausgehen können, wenn man aktiv um Hilfe bittet."

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