Jeder Fünfte hat jährlich zumindest einen Sonnenbrand
Ungeschütztes Braten in der Sonne ist seltener geworden: Jeder Zweite cremt sich vor dem Sonnenbad ein, jeder Dritte tut dies zumindest teilweise. Das geht aus einer aktuellen Umfrage unter 500 Personen im Alter von 14 bis 69 Jahren von Kosmetik transparent, einer gemeinsamen Plattform von sieben großen Kosmetikherstellern, hervor. Im Schnitt greifen die Österreicher zu Lichtschutzfaktor (LSF) 20 bis 30, vor zehn Jahren war noch LSF zehn gebräuchlich. Dennoch: Jeder fünfte Befragte hat nach eigenen Angaben jedes Jahr mindestens einen Sonnenbrand.
Falscher Hauttyp
Während Kinder gut geschützt werden, schätzen die Österreicher die eigene Sonnenempfindlichkeit oft falsch ein. Knapp ein Drittel beschreibt sich als unempfindlich, was Hauttyp vier entspricht, 39 Prozent sagen, sie sind wenig empfindlich (Hauttyp 3) - obwohl die Mehrheit hellhaarig und hellhäutig ist. Nur knapp 30 Prozent schätzen sich als (sehr) sonnenempfindlich ein (Hauttyp 1 und 2).
Hinzu komme, dass meist nur die Hälfte der notwendigen Menge an Sonnencreme aufgetragen wird, meint Veronika Lang, Medizinerin bei L’Oréal. „Sinnvoll sind 30 ml, das entspricht sechs Teelöffeln für den gesamten Körper.“
Braun bleibt In
Gebräunte Haut steht nach wie vor hoch im Kurs. Für jeden Zweiten gehört Sonnenbräune im Urlaub dazu, jeder Fünfte ist aber überzeugt, dass dies mit Sonnenschutz nicht möglich ist. „Dieses Gerücht hält sich hartnäckig. Doch selbst sehr dunkle, unempfindliche Menschen können sich nur 45 Minuten gefahrlos der Sonne aussetzen“, sagt Gerhard Gribl von Kosmetik transparent. „Bei allen anderen Hauttypen beträgt die Eigenschutzzeit fünf bis maximal 30 Minuten.“ Immerhin jeder Zweite meidet die starke Mittagssonne.
Wer auf Sonnenschutz verzichtet, muss mit langfristigen Hautschäden sowie einem höheren Hautkrebsrisiko rechnen. „Die Rate für weißen Hautkrebs steigt jährlich um zehn Prozent“, warnt Ludger Kolbe, Wissenschafter bei Beiersdorf. In den USA seien bereits rund 30 Prozent aller neu diagnostizierten Tumore solche Basaliome. Das Erkrankungsrisiko hängt eng mit der Anzahl an Sonnenbränden zusammen, vor allem in der Kindheit. Auch die Zahl bösartiger Melanome, der schwarze Hautkrebs, nimmt jedes Jahr um zehn Prozent zu.
Verantwortlich für die Hautschäden sind die UVA- und UVB-Strahlen der Sonne. UVA-Strahlen dringen zu 70 Prozent durch Fensterscheiben von Autos, selbst 50 Zentimeter unter Wasser gelangen noch rund 85 Prozent der UVA- und 60 Prozent der UVB-Strahlung auf die Haut.
Schutzfaktor
Erst in den 1930er Jahren wurden die ersten UV-Filterstoffe entwickelt, seit den 1970er Jahren gibt es den Lichtschutzfaktor als Maßstab für die Wirkung von Sonnenschutzmitteln. Das ist jener Faktor, mit dem man die Eigenschutzzeit multipliziert. So erhält man die Zeit, während der man sich eingecremt höchstens in der Sonne aufhalten kann, ohne dass die Haut rot wird. Bei Hauttyp 2 (Eigenschutz 10 bis 20 Minuten) kann man sich mit Faktor 10 eine Stunde und 40 Minuten bis maximal drei Stunden und 20 Minuten sonnen. Allerdings variiert die Strahlungsintensität je nach Tageszeit und geografischer Lage. Sonnenschutzprodukte können zudem immer nur eine Ergänzung für den vernünftigen Umgang mit der Sonne sein.
Zuerst stand die UVB-Strahlung „im Rampenlicht“, dann wandte sich der Fokus gleichermaßen dem UVA-Licht zu. Seit einigen Jahren wird auch vor der Infrarotstrahlung im Sonnenlicht als potenziell hautschädigend gewarnt.
Ähnlich wie bei ultraviolettem Licht wird Infrarot in Unterbereiche aufgeteilt. Für den Infrarot-A-Bereich ist die Haut maximal durchlässig. In der Medizin werden diese wärmenden Strahlen auch therapeutisch genützt, eine zu große Menge könnte aber schädlichen Einfluss haben. „Infrarotstrahlen haben sowohl eine heilende als auch eine entzündungsfördernde Wirkung“, erläuterte Veronika Lang, Allgemeinmedizinerin und Medizinisch-Wissenschaftliche Leitung der L'Oreal Österreich Division Cosmetique Active, am Dienstag bei einer Veranstaltung der Branchenplattform Kosmetik transparent in Wien. „Chronisch hitzeexponierte Hautareale zeigen Zeichen der vorzeitigen, lichtbedingten Hautalterung.“ Dabei würden sogenannte Freie Radikale eine große Rolle spielen, Antioxidantien könnten dem entgegenwirken.
Sonnenallergien nehmen zu
Noch nicht ausreichend erforscht sind auch die Sonnenallergien oder polymorphen Lichtdermatosen, deren Zahl weltweit zunimmt. Der Hautarzt kann die Symptome antientzündlich behandeln. „Als Ursache sind neben erblichen Faktoren die langwelligeren UVA-Strahlen als Auslöser gesichert“, sagte Lang. Guter kosmetischer Sonnenschutz helfe vielen Betroffenen.
UV-Filter reichen nicht, um vor Hautkrebs oder Sonnenallergien zu schützen, meint unterdessen der Grazer Mediziner Peter Wolf. Er erforscht Reparaturenzyme, die das Immunsystem der Haut stärken. Denn UV-Licht wirke nach, lange nachdem die Bestrahlung stattgefunden hat: Mit In-vivo-Tests hat der Leiter der Forschungseinheit für Photodermatologie an der Uniklinik der Medizinischen Universität Graz fünf bis zehn Tage nach der Sonneneinstrahlung noch erhöhte Zellreaktionen und -veränderungen festgestellt. Reparaturenzyme in Sonnencremen und Aftersun-Produkte seien „der Schlüssel für weniger UV-Licht-bedingte Hauterkrankungen“, schlussfolgert Wolf. Mittlerweile hätten mehrere Studien an Patienten mit Hautkrebsrisiko bzw. -vorstufen belegt, dass diese Enzyme das Risiko „drastisch minimieren und sogar Hautkrebsvorstufen reduzieren können“. Aus dem Forschungsprojekt ist eine österreichische Sonnenpflegelinie entstanden (erhältlich in Apotheken).
Der Mensch verfügt über Mechanismen, die durch UV-Strahlung entstandene Schäden verhindern, wiedergutmachen oder zumindest verringern können: Dazu zählen körpereigene Enzyme, die DNA-Schäden im Zellkern reparieren. Mit dem Alter nehmen die Fähigkeiten zum Eigenschutz aber ab. Außerdem kann übertriebenes Sonnenbaden zu einer so starken Belastung führen, dass die Reparaturfunktionen überfordert sind und nicht mehr alle Schäden beseitigt werden können.
Kommentare