So schützt Schokolade das Herz

Symboldbild
Gesundheitliche Vorzüge in Schokolade sind kein Freibrief für ungezügeltes Schlemmen.

Wenn es nach der aktuellen Studienlage geht, ist Schokolade so etwas wie ein Wundermittel. Herzkrankheiten, Schlaganfall, Diabetes, Depressionen – ein bisschen Naschen soll das Risiko für all diese Krankheiten reduzieren. Doch je mehr die Wissenschaftler herausfinden, desto klarer wird, es ist kompliziert.

Ein Beispiel: In einer Meta-Analyse aus insgesamt 14 Studien (508.705 Teilnehmer) kamen Forscher der chinesischen Universität Wuhan zum Schluss, dass Schokoladekonsum zwar mit einem reduzierten Risiko für die eingangs genannten Erkrankungen in Verbindung stehen soll. Aber: Der Zusammenhang zeigte sich nicht gleichmäßig. Und der Schutz stieg schon gar nicht mit der Menge des Schoko-Konsums. Zusammengefasst scheint demzufolge ein "moderater Verzehr" in Höhe von weniger als sechs Portionen pro Woche (also maximal 180 Gramm) am gesündesten zu sein. Auch Herzrhythmusstörungen sollen so positiv beeinflusst werden, zeigte eine Harvard-Studie. Das dürfte an den enthaltenen Flavonen liegen. Diese sekundären Pflanzeninhaltsstoffe schützen vermutlich die Blutgefäße.

Diabetes verhindern

Klingt zu schön, um wahr zu sein: Schokolade futtern und damit, zum Beispiel, Diabetes verhindern. Forscher der Brigham Young University in Utah (USA) veröffentlichten erst kürzlich eine Studie, wonach bestimmte Verbindungen im Kakao den Körper veranlassen, mehr Insulin auszuschütten. Dadurch wird der Blutzuckerspiegel besser unter Kontrolle gehalten. Ein Polyphenol namens Epcatechin, das im Kakao enthalten ist, ist dafür verantwortlich, schreiben die Forscher im Fachmagazin Journal of Nutritional Biochemistry. "Es schützt die Zellen und fördert ihre Fähigkeit, mit oxidativem Stress umzugehen", erklärt Autor Jeffrey Tessem.

Polyphenole

"Polyphenole wirken antioxidativ, das ist bekannt", betont die Wiener Ernährungswissenschaftlerin Sabine Bisovsky. Der Gesundheitswert hänge mit dem Kakaoanteil zusammen. "Dunkle Schokolade enthält mehr Polyphenole, daher ist die antioxidative Kapazität höher." Sie erwähnt eine Studie, in der 24 Gramm Schokolade mit 75 Prozent Kakaoanteil gleich gut auf die Gesundheit wirkten wie 200 Milliliter Rotwein.

Kritik

Jürgen König, Leiter des Departments für Ernährungswissenschaften der Uni Wien, sieht die vielen Studien rund um die Effekte von Schokolade kritisch. "Es stimmt ja vieles – Schokolade enthält tatsächlich Polyphenole und auch Vorstufen des Glückshormons Serotonin. Allerdings ist der Gehalt so gering, dass die negativen Auswirkungen überwiegen." Die da wären: Zucker (rund 50 Prozent in einer 100-Gramm-Tafel) – und Fett.

Keine Ausrede zum Schlemmen!

Beide Experten wollen mögliche gesundheitliche Vorzüge nicht als Ausrede für ungezügeltes Schlemmen verstanden wissen. Umgekehrt muss sich auch niemand zu dunkler Schokolade zwingen. Bisovsky: "Man sollte Schokolade – in Maßen – essen, weil sie einem schmeckt, nicht wegen der antioxidativen Wirkung. Dafür gibt es besser Geeignetes, etwa Gemüse."

Apropos schmecken: "Die positiven Gefühle, die Schokolade auslöst, haben nichts mit den Inhaltsstoffen zu tun, sondern mit Emotionen", betont König. Wo wir wieder bei Krampus und Nikolaus wären, die viele seit der Kindheit als Schokofiguren kennen. Bisovskys Regel: "Eine Figur entspricht zirka einer Wochenration Schokolade. Bei der sollte es dann wirklich bleiben. Egal, ob man den Nikolo gleich aufisst oder in sechs Portionen."

Weltweit forschen Wissenschaftler daran, Kakaobohnen noch gesünder zu machen. Einen Ansatz verfolgt die italienische Kardiologin Rosella Di Stefano von der Universität Pisa. Viele schützende Wirkungen seien auf Polyphenole zurückzuführen, die etwa in Kakao, Olivenöl oder Äpfeln enthalten sind. In einer Studie reicherte sie daher dunkle Schokolade mit Olivenöl (extra vergine) an, um die positiven Effekte auf die Herzgesundheit zu erhöhen. Nach 28 Tagen zeigten die Studienteilnehmer bessere Werte des „guten“ Cholesterol und niedrigeren Blutdruck.

An der Universität Ghana versucht man hingegen bereits während der Fermentation der frisch geernteten Kakaobohnen den Gehalt an Flavonoiden (sekundäre Pflanzenstoffe) zu erhöhen. Das Fruchtfleisch wird langsamer getrocknet, dadurch verändert sich auch die chemische Zusammensetzung – und die antioxidative Wirkung. Zumindest in einer Studie haben sich diese Effekte bestätigt.

Kommentare