Schlaganfall-Therapie hat sich bewährt

Wenn es allerdings zu einem Schlaganfall kommt, ist es für Überlegungen zu vermisster Prävention zu spät und sofortiges Handeln und Therapie mit den modernsten Mitteln zu Wiederherstellung der Blut- und damit Sauerstoffzufuhr für die betroffenen Gehirnareale angesagt. Hier hat die Thrombolyse, die Auflösung von in Gehirnarterien aufgetretenen Blutgerinnseln per Medikament, die Situation in den vergangenen 20 Jahren revolutionär umgestaltet.
"Wir haben 1979 den ersten Patienten auf diese Weise behandelt. Die Reviewer unseres Berichtes haben damals geschrieben: 'Die Thrombolyse ist bekanntermaßen gefährlich.' Dieser Weg sollte nicht weiter verfolgt werden", berichtete der deutsche Pionier Werner Hacke (Neurologische Universitätsklinik Heidelberg) am Montag beim Welt-Neurologenkongress in Wien mit rund 8.000 Teilnehmern. Schließlich konnten die Wissenschafter ab 1992 zeigen, dass man durch die intravenöse Gabe von thrombolytisch wirkenden Substanzen - hier hat sich die Biotech-Substanz rt-PA durchgesetzt - in der ersten Zeit nach einem ischämischen, also durch ein Gerinnsel verursachten, Schlaganfall bei etwa einem Drittel der Patienten eine Wiederherstellung der Blutversorgung erreichen kann. Diese Ergebnisse wurden seither noch deutlich verbessert.
Entscheidend ist dabei das rasche Handeln: Bei verdächtigen Symptomen müssen Patienten sofort per Notfalltransport in eine spezialisierte "Stroke Unit" an der neurologischen Abteilung eines Krankenhauses. Möglichst binnen Minuten muss per Computertomografie etc. die Diagnose gestellt werden. Bei Vorliegen eines ischämisch bedingten Schlaganfalls sollte dann sofort die Thrombolyse-Therapie erfolgen.
Hacke: "Zeit ist 'Gehirn'. In den ersten 90 Minuten nach dem Auftreten des Schlaganfalls werden bei der Hälfte der Patienten exzellente Erfolge verzeichnet, in den zweiten 90 Minuten bei 30 Prozent." Das für diese Behandlung zur Verfügung stehende "Zeitfenster" sei mittlerweile von drei auf viereinhalb Stunden ausgedehnt worden, manche Patienten würden aber auch noch später von der Therapie profitieren. Das Prinzip hinter diesen Abläufen: Die Schädigung des vom Schlaganfall betroffenen Gehirnareals nimmt ab der Blockade der Sauerstoffversorgung von Minute zu Minute zu. Dabei geht Gewebe unwiederbringlich verloren, die Thrombolyse kann bereits gefährdete Areale vor dem Absterben bewahren. Das ist die einzige Möglichkeit um dauerhafte Schäden wie Lähmungen und Invalidität zu verhindern.
Mittlerweile werden - so der deutsche Experte - auch immer mehr Katheter-Systeme entwickelt, mit denen die Ärzte versuchen, im Gehirn aufgetretene Blutgerinnsel mechanisch zu beseitigen. Dies soll vor allem bei für die Thrombolyse nicht geeigneten Patienten zum Einsatz kommen. Doch drei bisher durchgeführte klinische Studien brachten noch keinen durchschlagenden Erfolg. Hier muss weitergeforscht werden.
Das Schlaganfallproblem ist jedenfalls weltweit riesengroß: 600.000 Menschen erleiden in Europa pro Jahr eine solche akute Attacke. In Österreich sind das 24.000 Patienten, noch viel mehr Menschen haben "stumme" Hirninsulte. Von der Sterblichkeit her ist das die dritthäufigste Todesursache in Österreich, in anderen Ländern schon die zweithäufigste und hat dort den Krebs überholt. Die Folgen sind enorm: In einer Gemeinde von 1.000 Einwohnern in Österreich leben durchschnittlich sieben Schlaganfall-Betroffene. Oft sind sie von dauernder Betreuung und Pflege abhängig.
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