Schlafen schützt vor Übergewicht
Ich habe immer sehr einfach gegessen – Haferflocken und Topfen habe ich als Kind sehr gerne gehabt", erzählte der Extrembergsteiger Peter Habeler bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen: "Und ich hatte als Bub das Glück, sehr sportliche Lehrer zu haben." Nicht allzu viel essen und "Bewegung, Bewegung, Bewegung" seien die Gründe, warum er nicht übergewichtig sei und heute als 70-Jähriger das Gleiche wiege wie mit 16 Jahren.
Rund 800.000 Kinder in Österreich sind übergewichtig oder adipös (fettleibig) , sagte Univ.-Prof. Ursula Schmidt-Erfurth, Vizepräsidentin des "Europäischen Forum Alpbach " und Leiterin der Augenklinik im Wiener AKH / MedUni Wien. "In Wien sind 25 Prozent der Kinder adipös mit einem Body-Mass-Index (Körpergewicht in kg dividiert durch Körpergröße in Meter zum Quadrat, Anm.) von mehr als 25."
Welche Faktoren bei Kindern übermäßige Gewichtszunahme begünstigen, hat der Epidemiologe Prof. Wolfgang Ahrens von der Uni Bremen in der IDEFICS-Studie untersucht: Mehr als 16.000 Kinder zwischen zwei und neun Jahren in acht Ländern (Deutschland, Estland, Großbritannien, Italien, Schweden, Spanien, Ungarn, Zypern) nahmen teil.
Schlafdauer: Kinder, die weniger als neun Stunden am Tag schlafen, haben das doppelte Risiko für Übergewicht wie Kinder, die mehr als elf Stunden schlafen. Eine Schlafdauer zwischen neun und zehn Stunden erhöht das Risiko um 30 Prozent. "Es geht aber nicht nur um das Dickwerden", betont Ahrens: Denn Schlafmangel verändere die hormonelle Regulation im Körper und beeinflusse damit den Stoffwechsel: "Die Körperzellen sprechen schlechter auf Insulin an." Dies könne langfristig zu Diabetes führen.
TV-Konsum: Alleine der Umstand, dass im Kinderzimmer ein TV-Gerät steht, erhöht nach der Studie das Übergewichtsrisiko um zirka 30 Prozent. "Bei Kindern, die täglich mehr als eine Stunde vor dem Bildschirm sitzen, verdoppelt sich das Risiko für Übergewicht."
Geschmack: Kinder mit der größten Vorliebe für sehr fette oder sehr süße Speisen bzw. Getränke hatten ein um 50 Prozent erhöhtes Risiko für zu viele Kilos. Sie aßen auch deutlich häufiger beim Fernsehen und hatten einen höheren TV-Konsum.
Bewegung: Rund 7500 Kinder wurden im Rahmen der Studie drei Tage lang mit Messgeräten ausgestattet: "Die Empfehlung von 60 Minuten täglicher Bewegung schafften nicht einmal 15 Prozent. Aber 60 Prozent kamen auf wenigstens 30 Minuten." Körperlich aktive Kinder haben zudem bessere Leistungen in der Schule. Ahrens zeigte aber auch, dass es möglich ist, gegenzusteuern. "Wir haben mehrere Kernbotschaften für die Prävention formuliert: Mehr Wasser statt gesüßte Getränke trinken, mehr Obst und Gemüse, mindestens zehn Stunden täglich schlafen, eine Stunde Bewegung täglich, mehr gemeinsame Zeit in der Familie verbringen." Dann untersuchte sein Team, wie effektiv diese Maßnahmen sind: "Wenn ein Kind bzw. eine Familie nur eine dieser Botschaften erfüllten, halbierte sich das Risiko für Übergewicht im späteren Leben gegenüber jenen, die kein einziges dieser Kriterien befolgten. Wurden vier dieser Kernbotschaften erfüllt, sank das Risiko sogar auf zehn Prozent."
Übergewicht der Eltern ist ein Risiko für das Kind
Vor einer Schwangerschaft sollten Frauen idealerweise Normalgewicht haben." Das betonte in Alpbach die Diabetologin und Gendermedizin-Expertin Univ.-Prof. Alexandra Kautzky-Willer, MedUni Wien. Je übergewichtiger Frauen in der Schwangerschaft sind, umso häufiger bekommen sie auch übergewichtige Kinder: "Bei stark übergewichtigen Frauen ist das Risiko, dass ihre Kinder bei der Geburt zu groß sind, fast um das Vierfache höher, dass sie eine zu große Fettmasse haben um das Dreieinhalbfache."
Ist die Kalorienaufnahme in der Schwangerschaft zu hoch, erhält das Kind über die Plazenta eine ungünstige Nährstoffkombination. "Das Kind schüttet dann zu viel Insulin aus – das ist ein Wachstumsfaktor und das Kind wird zu groß."
Auch auf das Ernährungs-und Bewegungsverhalten des Vaters kommt es an: "Sind beide Elternteile übergewichtig, ist das Risiko für das Kind, es selbst zu werden, 10-fach höher."
Hat die Mutter Diabetes oder Schwangerschaftsdiabetes – mittlerweile jede 5. bis 10. – ist auch das Diabetesrisiko des Kindes erhöht. Auch für die Mutter sind die Schwangerschaft und die ersten Monate danach entscheidend. Ein "ganz schlechtes Duo" ist die Kombination von Übergewicht und Schwangerschaftsdiabetes: "30 % dieser Frauen bekommen später Diabetes, 50 % Bluthochdruck und Herzkreislauf-Probleme." Stillen über neun Monate ist hingegen ein Schutzfaktor für Mutter und Kind vor Adipositas, Stoffwechsel- und Herzkreislauferkrankungen.
Auch ein Kaiserschnitt erhöhe das Risiko des Kindes, übergewichtig zu werden. Als Ursache wird eine Veränderung der Darmflora vermutet. Und Rauchen während der Stillzeit vergrößert das Risiko des Kindes für zu viele Kilos ebenso.
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